Dein Freund und Helfer

Grundsätzlich bin ich natürlich hilfsbereit im Rahmen des üblichen Services, den man erwarten darf, wenn man ein Taxi in Anspruch nimmt.

Will heißen: Wenn ich da bin, wird brav geklingelt und erst danach die Uhr angemacht. Ich schleppe Gepäck. Viel Gepäck. Ich verstaue Rollstühle und Rollatoren wundersamerweise in meinem kleinen Kofferraum. Ich trage Einkaufstüten nicht selten bis in die Wohnung. Ich stütze, ziehe, schiebe und drücke ältere und ungelenke oder betrunkene Fahrgäste hart, aber herzlich ins Wageninnere und auch wieder raus. Ich steige meistens aus und halte die Tür auf, abgesehen bei Leuten in meinem Alter und darunter – oder bei denen, die zu schnell für meine Reaktionsfähigkeit sind. 😉

Darüber hinaus geht relativ wenig. Nicht, weil ich nicht wollte oder könnte, aber Undank ist bekanntlich der Welten Lohn. Schließlich fahre ich ja nicht aus Spaß an der Freude Taxi (naja, eigentlich schon, aber das binde ich natürlich nicht jedem auf die Nase), sondern um Geld zu verdienen.

Von mir wird auch nur dann jemand ohne Mucks gratis befördert, wenn ich mich im Pauschalpreisschätzen verschätzt habe und locker noch zehn Euro draufgelaufen wären. Mein Pech, passiert zum Glück nicht oft. Oder wenn den beiden Mädels ganz überraschenderweise auf der Bundesstraße kurz vor dem Tunnel das Geld ausgeht und ich sie eigentlich aussetzen müsste (was man dann aber insbesondere nachts auch nicht verantworten kann und will).

Was ich eigentlich sagen will: „Du fährst doch sowieso in die Richtung“ zieht bei mir genausowenig wie bei den meisten meiner Kollegen, auch nachzulesen hier. 😀

Das alles dürfte aber eigentlich klar sein. Umso überraschter war ich dann heute mal wieder, dass manche Kunden ernsthaft darüber erstaunt sind, dass so ein Taxi tatsächlich was kostet:

Vorbestellung auf 09.00 Uhr. 

Um 09.02 Uhr wird geklingelt („Wir kommen!“) und die Uhr gestartet.

Nach fünf Minuten kommt eine junge Frau in aller Ruhe aus dem Hauseingang geschlendert. Ich warte.

Sie geht wieder rein. Ich warte.

Nach weiteren drei Minuten kommt besagte junge Frau wieder raus, diesmal mit Koffer. Sie steht unproduktiv in der Gegend rum. Ich warte.

Irgendwann gesellt sich auch der passende Mann samt passendem Koffer dazu, beide unterhalten sich noch und bewegen sich dann gaaaanz langsam in Richtung Taxi.

Ich steige brav aus, verlade das Gepäck.

Sie strahlt mich an: „Danke, dass Sie gewartet haben!“

 Manche Kollegen hauen in der Situation achselzuckend ein

 „Uhr läuft!“

raus, fand ich aber irgendwie doof. Müsste doch klar sein, dass die läuft, oder etwa nicht?

Wir steigen alle ein, da keift sie auch schon los:

„Was, schon über 7 Euro??? Was soll das denn?! Neee, Schatzi, lass uns ein anderes Taxi rufen, die will uns hier abzocken. Was kostet es dann mit der bitte bis zum Flughafen???“ 

Und sowas am Samstagvormittag. Da biste doch echt bedient.

Hab ihr verklickert, dass die Uhr bei 3 Euro startet und der Rest während der Wartezeit draufgelaufen ist, sie aber gerne ein weitereres Taxi rufen kann, da nochmals die Grundbeförderungsgebühr abdrücken darf und mir zusätzlich Anfahrt und Wartezeit zu bezahlen hat, ansonsten würde ich dann ungemütlich.

Ihr „Schatzi“ konnte sie besänftigen, aber zu einem pampigen

„Ihr solltet froh sein, dass überhaupt noch jemand mit dem Taxi fährt, so teuer wie das ist. Eigentlich seid ihr ja auf uns angewiesen und nicht andersrum! Aber bei solchen Methoden muss man sich ja echt nicht wundern, ey!“

ließ sie sich dann doch noch hinreißen. Niedlich.

Szenenwechsel:

Gegen Mittag piepst mein Funkgerät am Hölderlinplatz, unter der Adresse steht „Bitte helfen“. Danke, liebe Zentrale, so schön konkret und als hätte man noch die Wahl, nachdem man den Auftrag angenommen hat. Aber gut, will ich mal nicht so sein. Ich fahre hin, jogge fünf Trillionen Stufen zum Hauseingang hoch, als mir einfällt, dass ich die Uhr nicht angemacht hab. Mist! Meine 87-jährige Fahrgästin hat mich jedoch bereits erwartet und zum Beweis meiner grenzenlosen Fitness durfte ich noch eben drei Stockwerke höher und ihren Rollator holen. Als ich wieder unten war, drückt sie mir einen Euro in die Hand, ich möge ihr bitte vom Kiosk vorne an der Ecke die BILD holen. Grmpf. Auf dem Rückweg schnell auf Umwegen zum Auto gesprintet und die Uhr gestartet. 😉

Gefühlte Stunden später sitzt sie dann auch endlich neben mir, Fahrtziel sollte der Supermarkt am Hölderlinplatz sein. Knappe 300 Meter, da blutet das Taxifahrerherz. Unterwegs (also fünf Sekunden nach dem Losfahren und zehn Sekunden vor der Ankunft) fiel ihr ein, dass ich am Besten warte, denn:

„Ich brauch nicht lange und Sie haben ja Zeit, Kindchen, nicht wahr?“

Was will man da auch sagen?

„Neeee, ich muss sofort wieder zurück zum Platz und drei Stunden auf den nächsten Auftrag warten.“ Hmpf.

Und so finde ich mich samt Omi, Rollator und Einkaufswagen im Supermarkt wieder, wühle zwischen hart- und weichkochenden Kartoffeln und fühle mich wie in einem (un-)freiwilligen sozialen Jahr.

Nach über einer Stunde war unsere Shoppingtour dann auch schon wieder beendet, ich chauffiere sie nach Hause, schleppe die Einkaufstüten bis ins 3. OG, bis in die Wohnung, bis in die Küche (hätte mich zur Vervollkommnung des Ganzen fast noch erboten, das Zeug in die Schränke zu räumen) und kassiere 35,50 € für fünfhundert Meter Fahrtstrecke in Form von verf****en Gutscheinen!!! Und natürlich 0,00 € Trinkgeld.

So ’ner Omi kann man ja auch nicht böse sein, aber eines ist klar, nachdem sie mich zuckersüß fragte, ob ich öfters am Hölderlinplatz stehe: NIE WIEDER stehe ich da.

Als ich zum Taxi zurückging, hab ich dann auch den Supermarkt direkt gegenüber gesehen. Aber warum einfach, wenn’s auch umständlich geht… 

Ich mag keine Tagschichten mehr. 😦

46 Responses to Dein Freund und Helfer

  1. Ana sagt:

    Taxigutscheine? Wo bekommt man die denn?

    • Mia sagt:

      Bei der Taxizentrale. Auch manche größeren Firmen statten ihre (vielfahrenden) Mitarbeiter damit aus. Aber nur Bares ist Wahres. 😉

      • Ana sagt:

        Wie funktionieren die denn, so als Privatperson? Zahlt man einfach nen Betrag und bekommt nen Gutschein über Selbigen? Klingt bisschen überflüssig.

        Seltsam übrigens, dass das Muttchen dich nich reich beschenkt hat, alte Leute geben doch sogar Postboten Trinkgeld … normalerweise.

      • Mia sagt:

        Hab das System auch nicht ganz durchschaut, aber so scheint es in der Tat. Noch schlimmer: Kundenkarten! Die neueste glorreiche Erfindung, da wird auch wirklich auf den letzten Cent genau abgerechnet.

        Ja, hat mich auch gewundert, die hatte sogar ein „von“ im Namen. Ganz schön geizig, der alte Adel… Aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich meine männlichen Kollegen beim Einkaufen begeisterter zeigen, also wird’s wohl nicht an meiner Person gelegen haben. 😀

  2. […] mehr Leerfahrten hätten. Und Mia ist auf eine der vielen Frauen getroffen, die der Meinung sind, Wartezeit zu berechnen, wäre Abzocke – was im Kern aufs gleiche rauslaufen […]

  3. Sash sagt:

    Zu den Gutscheinen:
    Es gibt ja auch diese Gutscheine vom Sozialamt. Das war so das Hauptzahlungsmittel, als ich in der schönen Schwabenmetropole noch Behinderte gefahren habe – die haben auch fürs Taxi gegolten.
    Zum Trinkgeld kann ich nur sagen:
    Ich höre es doch immer wieder gerne, wenn die Kunden sagen: Schreiben sie doch 20 € drauf! Darf man natürlich nicht machen…

    • Mia sagt:

      Ja, so einer war’s, das grüne Gift. Höchstbetrag 12,78 € mit detaillierter Fahrtstreckenangabe. Und Schummeln ist halt nicht.

      • Sash sagt:

        Ach, bei uns war das damalsrelativ locker. Für unsereinen waren das ja gleich 35 € (wenn ich das richtig im Kopf hab) und die Kilometerzahl Pi mal Daumen.
        Aber in dem Job wurde fast nur mit den Teilen bezahlt, da gab es kaum Bargeld. Entsprechend wenig hat mich das gestört.
        Wobei ich auch heute nicht traurig bin. Ein paar Leute geben ja dennoch Trinkgeld, und seit neuestem macht es zudem 1,50 € Zuschlag. Die 70 Cent Netto sind ja damit ja auch schon mal ein Bonus.

  4. […] Wellen schlugen sogar so hoch, daß auch meine beiden Lieblingstaxiblogger Mia und Sash gleich mal aktuelle Beispiele von “Gratis-Kultur” verbloggt haben. Eigentlich […]

  5. […] und „Trinkgelder“ bei meinen ebenfalls schreibenden Kollegen Sasch, Mia und Torsten hoch im Kurs steht. Deshalb habe ich auch während der vergangenen Nacht meine […]

  6. Carlos sagt:

    In der Tat brauchen wir alle die Kunden und sind auf sie angewiesen. Das gilt für den Taxifahrer wie für den Unternehmensberater oder Handwerker. Unangenehm wird es aber, wenn Kunden diese Abhängigkeit schamlos ausnutzen. Es ist eine Frage des Rückgrats, ob, und eine Frage der Erziehung, wie man das kommentiert. Mancher Kommmentar hat beim Kunden sogar schon zu Besserung geführt. Liebe Abhängige: Startet die Charme-Offensive. Kunden sind auch nur Menschen. Und haben sogar Verständnis.
    Manch liebenswertes Kundenexemplar möchte man aber auch begründetermaßen lieber ins Hochgeschwindigkeitstaxi Richtung Erdtrabant setzen…

  7. Schöne Homepage 🙂

  8. Theo Kaltved sagt:

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  12. Russ Twitt sagt:

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  14. Wally Hild sagt:

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  17. Alva Brockus sagt:

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  18. Rico Lemich sagt:

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  19. Sena Laflore sagt:

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  21. Lou Bolster sagt:

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  23. Erinn Harell sagt:

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  28. Val Herschel sagt:

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  29. Dianne Magg sagt:

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  31. Duane Kedia sagt:

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  35. Janna Walkes sagt:

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  39. Luca sagt:

    ja sehr schön

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