Finale in zwei Akten

12. Juni 2011

Freitag- und Samstagnacht waren unterm Strich Mittelmaß vom Feinsten. Ein Querschnitt durch fünf Jahre Taxifahren. Das einzig Besondere daran: Es waren meine letzten Schichten. Fürs Erste. Nein. Doch. Nein. Doch. Endgültig. Vielleicht…

Ich will euch nicht mit meinem Privatleben langweilen, aber damit ihr das abrupte Ende versteht: Ich war beruflich in letzter Zeit sehr unzufrieden, habe auf gut Glück mal meine Fühler ausgestreckt und dabei wohl einen so guten Eindruck hinterlassen, dass ich das ebenfalls gute Angebot nicht ausschlagen konnte und Stuttgart nun erst einmal den Rücken kehren werde.

Zugegeben, so richtig traurig war ich die letzten paar Schichten nicht, was daran liegt, dass ich kaum Zeit hatte, überhaupt darüber nachzudenken, was ich hier zurücklasse, zum anderen war die Doppelbelastung in den letzten Monaten enorm, aber als ich mich heute Morgen vom Funk abgemeldet hab, musste ich mir dann doch ein paar Tränchen verkneifen.

Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass euch ein Blog über Gesellschafts-, Börsen- und Kapitalmarktrecht nicht wirklich vom Hocker hauen würde, also werde ich diese Seite schweren Herzens einfrieren. Fürs Erste. Zumindest so lange, bis ich mich ohne Navi in Frankfurt orientieren kann und nach meinen bisherigen Eindrücken will ich euch keine Hoffnungen machen – das kann dauern. 😀

Aber ehrlich gesagt ist es auch bis auf Weiteres nicht angedacht. In regelmäßigen Abständen zwei freie Tage, im Volksmund „Wochenende“ genannt, sollen ja ganz nett sein, hab ich mir sagen lassen.

Merci, dass ihr mich über das letzte Dreivierteljahr begleitet habt. Wenn ich das geahnt hätte, hätte ich schon früher mit dem Bloggen begonnen. Aber ihr wisst ja, 1. kommt es anders und 2. als man denkt.

In diesem Sinne: Adieu!

Mia out.


Völkerverständigung

5. Juni 2011

Meine heutigen Fahrgäste waren neben wenigen Deutschen doch überwiegend Amerikaner, Russen, Schweden oder sowas Ähnliches – und Franzosen.

Ein junges verlorenes Trio durfte ich samt Peugeot (fahren Franzosen eigentlich auch noch was anderes?) zur Autobahnauffahrt Richtung Strasbourg geleiten.

Ein Kollege, Zweiter am Platz, der sich erst erfolglos in wegweisender Gebärdensprache versuchte, hat mir diese Fahrt verschafft und war sich schnell ziemlich sicher:

„Wie kommt man nach Frankreich? Richtung Heilbronn – Würzburg, ne?“

Ich will gerade widersprechen, da hält mir eines der Mädchen einen ausgedruckten Routenplan unter die Nase, wo ich ebenfalls „A81 Heilbronn – Würzburg“ lese.

Oookay, ich verfalle zwar in tiefe Selbstzweifel, fahre aber mal voraus in Richtung Anschlussstelle Feuerbach zur A81. Unterwegs rattert es in meinem Hirn und ich sichere mich mit einem Telefonjoker ab, der mir dann noch mal bestätigt, dass A8 und A5 richtig sind und die angedachte Route in die völlig falsche Richtung geht. Nur erklär‘ das mal den Franzosen, die für ihre Englischkenntnisse nun nicht gerade berühmt sind. Und ich nicht für meine Französischkenntnisse, denn trotz neun Jahren Schulfranzösisch beschränkt sich mein Wissen unerklärlicherweise nur noch auf Phrasen wie „Voulez-vous coucher …?“ 😛

Ich kritzle also A8 und A5 und Karlsruhe und Basel und Ausfahrt Strasbourg auf einen Zettel und erkläre ihnen drölfmal, dass sie, wenn sie hier jetzt geradeaus weiterfahren, erst die zweite Autobahnauffahrt nehmen dürfen und dass Würzburg böse ist, blicke aber in relativ ausdruckslose Gesichter. Zum Glück konnte ich mein Helfersyndrom gerade noch unterdrücken, ich war ja sooo kurz davor…

Letztendlich waren sie dann aber doch ganz schön dankbar, haben mich mit viel Trinkgeld überhäuft und hielten mich wohl für ein ziemlich cleveres Ding, das sie a) einmal durch ganz Stuttgart gelotst hat und b) auch noch die richtige Route in die Heimat wusste.

Blöd nur, dass mir das alles erst zum Schluss einfiel, hätte es von der Planie aus nämlich eine wesentlich geschicktere Möglichkeit direkt auf die A8 gegeben. Zut alors! Egal, sie werden es nie erfahren. Und wenigstens nicht erst fälschlicherweise einen Abstecher nach Würzburg machen.

Noch peinlicher berührt war ich dann aber im Verlauf meiner nächsten Tour, als ich mich gerade einer netten Amerikanerin am Schlossplatz entledigte und schon zwei Herren mittleren Alters nur wenige Meter entfernt am leeren Taxiplatz warten sehe. In gebrochenem Deutsch wird mir erst mal gedankt, dass ich sie mitnehme. Kein Ding, hin und wieder transportiere ich schon auch mal Fahrgäste, wenn’s sein muss. 😀

Ebenfalls nur so halb verständlich fragt mich der andere, ob er seine etwas größere Tasche mit in den Fond nehmen dürfe. Ich verfalle daraufhin der Einfachheit halber wieder ins Englische und so plaudern wir während der Fahrt zum Mercedes-Museum über das wider Erwarten schöne Stuttgart und die am heutigen Tag bereits gesichteten Sehenswürdigkeiten.

Wie ich feststelle, sind meine Gäste dem Englischen auch nur eher unterstufenmäßig mächtig, also siegt meine Neugier und ich frage:

„So where are you from?“

Die unbefangene, fröhliche Antwort treibt mir die Schamesröte ins Gesicht:

„We are from Saxony!“

Ups. Ich arroganter Wessi habe eingangs zwei volle Sätze lang nicht verstanden, dass sie zwar kein astreines hohes, aber unterm Strich dann doch wieder anerkanntes Deutsch mit mir sprachen. Ich hab das Ding aber knallhart durchgezogen und meinte in liebenswürdigem Tonfall:

 „Oh, that’s nice!“

Dass jedoch eine Taxifahrerin in der schwäbischen Provinzmetropole ausschließlich Englisch spricht, darüber scheint sich keiner der beiden sonderlich gewundert zu haben. Im Westen was Neues, nor? 😀