Bedenkt man, dass meine Fahrgäste nichts anderes als ein Querschnitt der Gesellschaft sind, sollte man erwarten, dass ich öfters an Arschlöcher gerate. Hielt sich bislang erstaunlicherweise in Grenzen, aber heute war mal wieder so eine Nacht…
Ich war jedenfalls schon von Anfang an nicht gerade begeistert, aber mich fragt ja keiner:
Erstens war ich bereits ganz gemütlich im heimatlichen Sektor für mein nahendes Schichtende unterwegs und auf maximal zwei, drei kurze Fahrten eingestellt.
Zweitens goss es in Strömen und an der Abholadresse gab es weder Hausnummer noch beschriftete Klingelschilder.
Und drittens verpestete mein werter Fahrgast, als er sich dann endlich mal zu erscheinen bequemte, die Luft im Taxi derart, als hätte er eine verweste Kanalratte bei sich getragen (und diese vor dem Aussteigen noch unter der Fußmatte versteckt – es war ab-ar-tig, und ich bin sonst echt nicht empfindlich).
Wenn man nun also plant, von Riedenberg nach Münster zu fahren, muss man wissen: diese beiden Stadtteile Stuttgarts könnten kaum weiter auseinander liegen. Dass man deshalb auch nicht binnen drei Minuten am Ziel ist, sollte zumindest theoretisch klar sein.
Auf der Hälfte der Strecke vernehme ich aber undeutliches Motzen von der Rückbank.
„Bitte?“
Er versucht wohl für einige Sekunden, seinen Unmut höflicher kundzutun. Erfolglos:
„Boah, wo kurven wir hier eigentlich die ganze Zeit rum? Sind wir jetzt endlich mal da?!“
Na, was soll man dazu großartig sagen? „Such Dir halt ein näheres Fahrziel aus“?! Hirni.
Qualvoll lange zehn Minuten später, endlich am Ziel:
„Also ich weiß ja echt nicht, was Sie hier die ganze Zeit zusammenfahren… Aber ich hätte gerne mal Ihre Taxinummer. Und eine Quittung.“
„Können Sie natürlich haben. Aber wie wären Sie denn gefahren? Das war die kürzeste Strecke.“
„Ich sage nur, dass ich noch nie so lange nach Münster gebraucht habe…“
Tja, das kann ich leider nicht so ganz glauben. Sollte er sonst nicht gerade im Helikopter sitzen, hätte es mich tatsächlich brennend interessiert, wann und wie er diese Strecke denn schneller fährt als an einem Sonntagmorgen kurz nach vier. Aber wozu noch diskutieren…
„Gut, das macht dann jedenfalls 27,20 €.“
„Machen Sie 30. Schönen Abend noch…“
Hä?
Weil einem so etwas nach Murphy’s Law aber grundsätzlich unmittelbar vor dem geplanten Schichtende passiert, musste ich kurzerhand noch einen Fahrgast auftreiben, der mich wieder fröhlich stimmt. Hat auch einwandfrei geklappt, denn jener betrat das Taxi mit „Wow!“ – bin mir im Nachhinein aber etwas unschlüssig, ob das nicht doch dem hartnäckigen Kanalratten-Odeur galt – und verließ es nach großzügiger Trinkgeldgabe. Seelenfrieden wiederhergestellt.
Und nachdem ich jetzt doch noch mal recherchieren musste (man ist ja nicht fehlerfrei): die gefahrene Route war nicht nur die allerkürzeste, quasi Luftlinie, sondern auch die schnellste, die sich noch dazu über alle drei empfohlenen von Google Maps hinwegsetzt. Take this!