Achtung, Kontrolle!

12. März 2013

Ups, schon März… 😀

Zugegeben, an den harten, verschneiten Winterwochenenden hab ich es mir meistens Zuhause gemütlich gemacht und an die Silvesternacht, über die ich eigentlich bloggen wollte, habe ich irgendwie keine Erinnerung mehr. Ich meine aber, es lief ganz gut ($$$). Weil hier jedoch sowieso niemand mehr liest, kann ich mich ja in aller Ruhe in langweiligen Artikeln ergehen.

Wenn man nämlich nicht fährt, verpasst man offensichtlich die besten Happenings:

1. Eine für meinen Geschmack viel zu seltene Abschleppaktion in der Innenstadt, aufgrund derer wundersamerweise ein gewisser, sonst überlicherweise zugeparkter Taxiplatz frei war und sich das sogar bis in die nächsten Abende hinein hielt, was wiederum ich dann in vollen Zügen genossen habe.

2. Da stehe ich nach einem freien Freitag samstags seit gefühlten Stunden beschäftigungslos in Degerloch und belausche ein Kollegengespräch:

„Weißt Du, warum es gestern so gut lief? Das hab ich ja erst hinterher erfahren. Der Zoll war unterwegs! Der taucht auf und plötzlich – schwupps – sind ganz viele Taxis verschwunden…!“

Verdammt! Kohle und Kontrolle verpasst. Dabei wollte ich doch schon immer unbedingt mal kontrolliert werden! Ich fahre auch gerne privat mehrmals durch eine Polizeikontrolle, um endlich rausgezogen zu werden, sehe aber ums Verrecken leider meistens zu brav aus. Ob dieser Fetisch einen Namen hat? 😉

Mit dem Taxi wird man ja, sofern man nicht gerade Schlangenlinien fährt, von der Polizei grundsätzlich durchgewunken, also ist der Zoll meine letzte Chance. Und schließlich stehe ich zu später Stunde wirklich fast nur an den großen Plätzen in der Innenstadt, aber immer kontrollieren sie genau dann, wenn ich ausnahmsweise mal woanders bin.

Das, was einer Kontrolle bisher am nächsten kam, war vor Jahren der halbherzige Versuch eines TAZ-Beauftragten, der mit

„Haste ’nen Taxischein? Ach, egal, da kommt Kundschaft für Dich. Gute Fahrt…“

jetzt nicht sooo motiviert war.

Der Zoll macht das dafür ganz schön clever, das muss man ihm lassen. Ein Wagen hält vorne an der Taxischlange, der andere hinten und – zack – gibt es kein Entkommen mehr. Nachdem sich also die schwarzen Schafe vom Freitagsschock erholt hatten und sich zur Samstagsschicht wieder auf die Straße getraut haben, komme ich am frühen Morgen am Kronprinz vorbei und was sehe ich? Zoll, Zoll, Zoll, Zoll, Zoll. In jedem Taxi ein Beamter. Fahrgäste, die irritiert daneben stehen. Und ich flippe direkt ein bisschen aus vor Freude, krame im Handschuhfach, um schon mal alle Papiere zu suchen und finde: nichts! (Ich bin natürlich angemeldet und alle nötigen Papiere sind auch im Auto, ich war nur zu blöd aufgeregt, sie zu finden.)

Vor lauter Schreck hab ich die Schicht lieber mal beendet und mir damit schon wieder eine Kontrolle durch die Lappen gehen lassen. Aber ich sag’s euch, jetzt bin ich sowas von bereit! 😀

Ja, das war es auch schon, ihr treuen, optimistischen 78 Leser des heutigen Tages. Da ich aber die nächsten Wochenenden wieder verstärkt im Taxi verbringen werde, wird vielleicht doch mal das ein oder andere Geschichtchen für euch herausspringen. Mögen sich die Fahrgäste Mühe geben, entweder extrem nett oder extrem lästig zu sein, Letzteres gelingt mit Sicherheit ein paar Kandidaten.


Oh, Theo!

30. Dezember 2012

Wer von meiner ewigen Auto-parkt-auf-Taxiplatz-Nörgelei genervt ist, möge bitte nicht weiterlesen. Ich kann es ja selbst schon nicht mehr hören, aber das ändert leider auch nichts an der Situation. Gestern dachte ich schon, meine Gebete seien erhört worden, als ich im Rückspiegel sehe, wie ein Abschleppwagen hinter mich auf den Platz fährt. Mein Herz macht einen aufgeregten Freudensprung, aber der Fahrer musste dann doch nur kurz telefonieren. Auf dem Taxiplatz…

Kleine Gedächtnisauffrischung:

Photo00640

Selbst die Polizei hat letzte Nacht ganz gemütlich eine Verkehrskontrolle auf dem Taxiplatz durchgeführt und mit der Streife plus gestopptem Fahrzeug einfach mal ein Drittel des Platzes blockiert, anstatt – wie sonst üblich – einen der zwei Fahrstreifen zu nutzen und uns in Ruhe zu lassen. Mir scheint, man respektiert uns nicht mehr so richtig…

Voriges Wochenende stand ein Reisebus (!) über Stunden (!!) vorne auf dem Platz, in zweiter Reihe neben den üblichen Falschparkern, woraufhin mir eine zugeparkte Falschparkerin ihr Leid klagte und nicht so ganz verstanden hat, warum ich keine Lust hatte, auszusteigen und ihr beim Ausparken behilflich zu sein. Ich hab sie also genüsslich eine Viertelstunde rangieren, verzweifelt um den Bus herumlaufen und wieder rangieren lassen, bis ihr dann doch noch ein Fußgänger aus der Misere geholfen hat. Schade, hatte gerade angefangen, Spaß zu machen.

Neulich meinte ein Kollege zu mir, auf der anderen Straßenseite sei ja auch noch ein Taxiplatz. Ich hab ihm nicht geglaubt, fahre ich doch seit Jahren jedes Wochenende tausendmal da vorbei. Gestern hab ich genauer hingeguckt und: Tatsache. Den habe ich nur noch nie gesehen, weil da immer parkende Autos drauf stehen, ha ha.

Auch in der Kronprinzstraße gibt es einen Stellplatz für ein einzelnes Taxi, auf dem genauso munter normale Autos aus- und einparken. Wen interessiert da schon das Taxi im Rückspiegel…

Aber gerade in der Theo ist das Problem, dass man, wenn man auf dem dortigen Taxiplatz nicht unterkommt, erst mal die komplette Theo und Friedrichstraße runterfahren, wenden und die komplette Friedrichstraße und Theo wieder hochfahren muss, um zurück in die Innenstadt zu kommen. Und dafür braucht man mindestens zehn Minuten, weil die Polizei zu später Stunde sämtliche Wendemöglichkeiten sperrt und sich ellenlange Ampelstaus bilden.

Da ist es schon ärgerlich genug, wenn Kollegen die Zufahrt auf den Platz blockieren, indem sie nicht aufrücken oder großzügig Abstand halten und man deshalb vorbeifahren muss. Umso schlimmer, wenn Fahrzeuge den Platz besetzen, die dort schlicht nicht hingehören. Wie auch gestern wieder.

Klopf-klopf.

„Ich müsste hier raus.“

„Schön, aber das hier ist eigentlich ein Taxiplatz!“

 „Ja, soll ich jetzt etwa die ganze Nacht hier warten oder was?!“

Weiß der Teufel, warum ich einen netten Moment hatte und ihr nicht ordentlich die Leviten gelesen habe. Das wäre jedenfalls die Gelegenheit gewesen, einfach mal

 „Ja, genau das!!! Viel Spaß, bis 6 Uhr morgens stehen hier durchgängig Taxis!“

zu sagen.

„Nö, ich wollt’s nur erwähnt haben, weil es echt maximal nervt, ständig jemanden rauszulassen.“

„Okay, das tut mir leid, hab ich nicht gesehen…“

(Sie parkt direkt unter obigem Verkehrsschild.)

Dem Kollegen hinter mir ist dann aber doch noch kurz der Kragen geplatzt, er steigt aus, läuft dunkelrot an, holt tief Luft und staucht das Mädel zusammen:

„DAS IST EIN TAXIPLATZ!!! DAS IST U-N-S-E-R PARKPLATZ!!! IHR IDIOTEN SEID ALLE ZU BLÖD, SCHILDER ZU LESEN – UNVERSCHÄMT, FRECHHEIT!!! NUR WIR DÜRFEN HIER PARKEN, VERDAMMT NOCH MAL!!!!!!“

Puh, selbst ich stand kurz davor, für ihn den Platz zu räumen. 😉 Aber Recht hat er. Die parkt wohl nie wieder hier.

Dann rücke ich auf und stelle mich dicht neben einen Falschparker, damit ich nicht den ganzen Fahrradweg blockiere, als dieser die Fahrertür öffnet und sie mir dabei fast ins Auto rammt.

Ich, gebetsmühlenartig:

„Hallo, das ist ein Taxiplatz! Parken verboten.“

„Äh … ach so … Ja, stört Dich das denn?!“

„JA!?!“

„Hmmm. Das ist jetzt aber blöd, weil ich schon getrunken habe. Ich kann unmöglich hier wegfahren. Ich schlafe nachher auch im Auto. Ich dachte, es ist okay, weil hier alle parken.“

Da hat er natürlich nicht ganz Unrecht: ab fünf Falschparkern in einer Reihe verliert das absolute Halteverbot schließlich seine Gültigkeit… Aber ich hatte dann auch keine Lust mehr, mich mit einem besoffenen Vollidioten rumzustreiten. Ein Kampf gegen Windmühlen.

Wer sich mal ein (zugegeben schlechtes) Bild machen will:

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Das Halteverbotsschild befindet sich nicht im Bild, gut sichtbar sind dafür die vermeintlichen Parklücken und die TAXI-Bodenmarkierung. Ist mir ja unerklärlich, wie manche Leute da tatsächlich auf die Idee kommen, der halbe Meter zwischen Randmarkierung und Bordstein wäre zum Parken geeignet oder – noch schlimmer – gar vorgesehen.

So, und jetzt schreibe ich drei böse Briefe an die Taxizentrale, die Stadt und die Polizei und gehe danach zum Kickboxen, um mein emotionales Gleichgewicht wiederherzustellen. 😀


Frau Weiß

25. Dezember 2012

Jeder Taxifahrer in und um Degerloch kennt Frau Weiß*. Auch ich kenne sie schon sehr lange. Erstmals begegnet sind wir uns vor vielen Jahren, es muss Mitte 2006 gewesen sein, also ganz zu Beginn meiner Taxizeit. Damals stand ich eines Nachts allein am Degerlocher Taxiplatz, als Frau Weiß an mein Fenster klopfte und Kleingeld für den Zigarettenautomaten erbat. Leider hatte ich kaum mehr Münzen und konnte ihren Wunsch nicht erfüllen, was ich ihr aber sehr freundlich mitteilte.

Doch damit war Frau Weiß ganz und gar nicht einverstanden und so folgten prompt lautstarke Flüche in ausländischer Sprache, worauf ich ja grundsätzlich tiefenentspannt reagiere, diese allerdings kombiniert mit heftigen Tritten gegen mein Auto, was ich nie so super finde und deshalb die Flucht ergriffen habe.

Jahre später. Wir haben tiefsten Winter. Eiseskälte. Schneegestöber. Frau Weiß hat sich einen Mantel übergeworfen und läuft sichtlich in Rage vor dem Taxiplatz hin und her. Ihr Mantel steht offen. Sie trägt nur diesen Mantel. Ich rutsche tiefer in den Sitz und flehe um einen Funkauftrag, den ich dann auch glücklicherweise erhalte.

Wiederum Jahre später. Frau Weiß steuert gut gelaunt auf mein Taxi zu. Leider erkenne ich sie immer erst, wenn sie den Mund aufmacht, doch dann ist es schon zu spät. Wir fahren in ihre – glücklicherweise nicht weit entfernte – Straße. Im Auto zieht sie sich halb aus, dreht das Radio auf und singt lauthals mit. Am Ziel angekommen fordert sie mich auf, auszusteigen und mit ihr zu tanzen. Bezahlen will sie erst, wenn wir getanzt haben. Langsam wird sie auch schon wieder ungemütlich und zerrt an mir herum. Ich warte auf einen günstigen Moment, ziehe die Beifahrertür von innen zu und fahre davon, während sie halbnackt über den Innenhof hüpft. Zurück am Taxiplatz bemerke ich, dass sie beim Aussteigen einen Fünf-Euro-Schein verloren hat.

Heute stehe ich erneut in Degerloch, bekomme einen Frauen-Nachttaxi-Auftrag der SSB und warte am Platz auf meine Kundin. Frau Weiß, resolut wie immer, betritt das Feld und startet direkt einen kleinen aufgeregten Disput mit einem anderen Kollegen. Da erkenne ich sie – allerdings wieder zu spät, denn auch sie hat mich schon gesehen.

„Nachttaxi?“

rufe ich ihr etwas ängstlich zu.

„Welcher Name?“

fragt sie argwöhnisch, als würde ich sie in die Falle locken wollen.

„Für Weiß…“

An meiner Spontanität muss ich noch arbeiten, ein anderer Name und es wäre so einfach gewesen… Meine Kollegen werfen mir mitleidige Blicke zu.

„Fahr mich bis fünf Euro, ich hab kein Geld!“

(Die SSB zahlt fünf Euro als Festpreis für die Anschlussbeförderung, was darüber hinausgeht, die Kundin – so zumindest der Plan).

Frau Weiß packt meinen Arm, fordert in gewohnter Feldwebelmanier einen mir unbekannten Radiosender (herrje, immer diese Extrawünsche, von denen sich kein einziger auf einem meiner zehn sorgsam ausgewählten Speicherplätze befindet…). Als er erklingt, ist sie wieder glücklich.

„Heute ist Weihnachten!!! Fröhliche Weihnachten! Ich will Dir was schenken!“

Wie wäre es mit Geld, denke ich.

„Das ist lieb, aber wirklich nicht nötig.“

„Doch, ich schenke Dir was! Gib mir Deine Karte, dann rufe ich an und schenke Dir was!“

„Ähm, ich hab leider keine Karte. Und ich arbeite heute auch nur ausnahmsweise…“

„Was machst Du sonst?“

„Büro…“

„Büro?“

„Büro!“

„Büro… Ich schenke Dir eine Vase. Fürs Büro. Da kannst Du eine Rose reinstecken. Und noch eine CD. Hast Du hier CD? Eine Frank-Sinatra-Weihnachts-CD. Wehe, Du gibst sie einem anderen! Frankie Boy die ganze Nacht!“

Widerspruch zwecklos.

Sie verschwindet im Haus, natürlich ohne den Restbetrag zu bezahlen, und ich überlege ernsthaft, ob ich wieder abhauen soll. Doch da kommt sie schon zurück und überreicht mir feierlich eine Vase, eine CD … und eine Packung Spaghetti.

„Frankie Boy und Spaghetti Bologneeeese!“

trällert sie lauthals in die Nacht hinein.

„Pssssst!“

mache ich und renne die Stufen runter.

„Du bist so süß!“

kreischt sie und will mich einholen. Ich bin schneller.

 Foto1087

 *Name geändert

PS: Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass ich von einem ganz liebenswert beschwipsten alten Opi Milkaherzen geschenkt bekommen habe.

Da nestelt er erst ewig in seiner Tasche rum und sagt dann: „Junge Frau, Sie brauchen jetzt keine Angst haben, wenn ich hier was heraushole, ich möchte Ihnen nur was schenken!“ Maximal süß! 😀


Die Ungläubigen

24. November 2012

Gestern war mal wieder so eine Nacht, in der mir kaum ein Fahrgast zutrauen wollte, als relativ junger weiblicher Mensch ein relativ großes Auto unfallfrei und ortskundig durchs relativ überschaubare Stuttgart zu bewegen.

So zweifelte auch der männliche Teil eines netten Pärchens, das mir am Rotebühlplatz zustieg:

„Du fährst aber noch nicht lange!“

(Gerade erst losgerollt, konnte ich so großartig noch nichts falsch gemacht haben.)

„Doch, bald sieben Jahre.“

„Neeee. Glaube ich nicht. Wir fahren immer am Wochenende mit dem Taxi, wir wohnen quasi im Taxi, und wir haben Dich noch nie gesehen!“

Na, wenn das mal kein Beweis ist bei mehr als 700 Taxis… Aber dass ich ohne Navi den Weg zum Zielort gefunden habe, hat seine Skepsis auch nicht vertrieben.

„Ich teste Dich jetzt: Wo ist die alte Messe? Und wo die Neue?“

Knallharte Testfragen, die hundertprozentig niemand aus Stuttgart beantworten kann, der nicht auch wirklich den Taxischein hat. 😉

Beide Fragen zum Glück richtig beantwortet, konnte ich ihn schlussendlich davon überzeugen, dass ich das Taxi nicht geklaut habe und der richtige Fahrer auch nicht geknebelt im Kofferraum liegt.

Andererseits, so ganz Unrecht hat er nicht. Immer wieder passiert es mir, dass ich in noch einigermaßen zentrale Gegenden komme, in denen ich mich eigentlich besser auskennen sollte als ich es tue.

So geschehen, als ich einen Fahrgast in der Ruhrstraße in Cannstatt absetze, mich aus dem Seitenstraßenwirrwarr zurück auf die Hauptstraße kämpfe, mich dabei verfahre (!!!), das Straßenschild Winterhaldenstraße lese und entsetzt denke:

„Boah, wie es doch immer wieder Straßennamen gibt, die ich noch niiieee gehört habe!“

Zurück in der Innenstadt, vier neue und ähnlich kritische Fahrgäste wie ihr Vorgänger:

„In die Winterhaldenstraße“,

 sprach’s herausfordernd und ohne nähere Lagebezeichnung.

„Du fährst jetzt aber nicht ohne Navi? Ernsthaft jetzt?!“

„Entschuldige mal, ich bin Taxifahrerin, natürlich kenne ich die Straße.“

Hrhrhrhr…

„Respekt, ehrlich. Alle anderen Taxifahrer fragen immer, wo das ist.“

(Puh, das beruhigt mich wieder ein bisschen. Andererseits macht es mich auch traurig, wenn man bedenkt, was eigentlich unser Job ist. 😀)

„Warum fährst Du Taxi?“

vernehme ich dann eine zuckersüße, alkoholgeschwängerte Frauenstimme aus dem Fond.

„Weil sie’s kann“,

die Antwort meines Beifahrers.

„Haha, also, warum fährst Du Taxi?“

„Hm, hauptsächlich, weil’s Spaß macht!“

„Ja, aber warum fährst Du Taxi?“

„Äh, ja, und natürlich noch aus monetären Gründen…“

„Jetzt sag mal ehrlich, warum fährst Du Taxi?“

Worauf sie hinauswollte, war mir nicht ganz klar, also frage ich zurück:

„Warum nicht?“

Da wusste sie dann auch keine Antwort. Siehste.

In der von jetzt an für immer unvergessenen Winterhaldenstraße wartet sie bis die Männer ausgestiegen sind, beugt sie sich verschwörerisch zu mir nach vorne und mahnt:

„Nie das Ziel aus den Augen verlieren!“

Ein sehr guter Rat. Vergisst man nur allzu oft.


Geduldsprobe

24. November 2012

Wenn ich mir dabei nicht so spießbürgerlich vorkommen würde, den nachts chronisch zugeparkten Taxiplatz auf der Theodor-Heuss-Straße zu fotografieren und ans Amt für öffentliche Ordnung zu schicken, hätte ich das gestern wohl gemacht. Inzwischen quetschen sich die Sünder nämlich nicht mehr nur schambehaftet an den äußersten Rand, sondern man stellt sich neuerdings selbstbewusst nahezu mittig auf die gut sichtbare TAXI-Markierung.

Noch mehr als über die Falschparker habe ich mich allerdings über einen Kollegen geägert, der innerhalb einer Viertelstunde dreimal ohne Murren bereitwillig in einer Tour rangierte, um den Ein- und Ausparkenden Platz zu machen. Mit mir hat man’s da bekanntermaßen nicht so leicht.

Als der Kollege hinter mir also wieder einmal zurücksetzte, nachdem er vom Ausparker charmanterweise wortlos angehupt wurde, mache ich einfach mal das, was ich am besten kann: nichts. Die Hupe habe ich so lange überhört, bis dazu übergegangen wurde, vor- und zurückzurollen und dabei ordentlich Gas zu geben, was wohl wiederum als Aufforderung gedacht war, doch endlich mal Platz zu machen. Neandertaler… Leider musste ich aufrücken und so konnte dieses Herzchen dann doch unerfreulich zeitnah entkommen.

Kurze Zeit später stehe ich wieder allein am Platz und blockiere eine Parklücke, die keine ist, als sich der Nächste vor mich stellt, zurücksetzt, dicht auffährt und hupt. Aussteigen und kommunizieren wollte er aber auch nicht, also fährt er rückwärts – nicht ohne mir dabei einen bösen Blick zuzuwerfen – an mir vorbei und versucht, sich vorwärts in die Lücke zu schieben.

Vor lauter Dummdreistigkeit übersieht er dabei den Motorradcop bei seiner Zigarettenpause Verkehrsüberwachung, der die ganze Sache beobachtet hat. Schließlich rollt dieser gelangweilt vor, macht eine lakonische Verzieh-Dich-Handbewegung, rollt wieder zurück und raucht ebenso gelangweilt weiter. An Coolness kaum zu überbieten. Mein Held der Nacht. 😉

Später schleicht sich noch jemand zerknirscht in sein falschparkendes Auto, startet den Motor, blinkt und wartet geduldig. Also ehrlich, einmal kurz nett an mein Fenster geklopft und sowas gesagt wie:

„Sorry, ich weiß, dass ich falsch stehe, könntest Du mich mal kurz rauslassen?“

und alles wäre kein Problem. Aber das war mir dann wieder zu blöd, also hab ich gewartet. Und er auch. Nach knapp acht Minuten, die er brav blinkend neben mir stand, bekam ich einen Fahrgast und musste das Feld räumen.

Wer weiß, wie lange er noch gewartet hätte. Aber ich werde die nächsten Nächte bestimmt noch die eine oder andere Gelegenheit haben, meine Fallstudie zu substanziieren. 😀

Nachtrag: Dass man das auch Nötigung nennt, ist mir zwar bewusst, aber hey, wo kein Richter, da kein Henker. Und ich muss sagen, meine Toleranzgrenze sinkt leider dramatisch mit jedem dieser überschaubar Intelligenten. Nachvollziehbarerweise, hoffe ich.


Ich hab‘ ja sonst nichts zu tun

22. September 2012

Ich liebe das Taxifahren heiß und innig, aber gelegentlich könnte ich meinen Job und manche Mitwirkende echt an die Wand klatschen.

Die gestrige Schicht ließ sich zunächst ganz gut an, sogar mit einer Tour nach Böblingen, doch gegen 2 Uhr kam sie dann: die Pechsträhne. Und sie wollte gar nicht mehr aufhören.

Es begann mit einem Auftrag in die Landhausstraße, wo ich im strömenden Regen meine Kundschaft zweimal daran erinnern durfte, dass ich längst vor dem Haus stehe. Kein guter Anfang. Meine Laune schwand aber erst, als fünf junge Männer wie selbstverständlich in mein Taxi wollten, das – Überraschung: die Geheimsitze einer E-Klasse verstecken sich nicht im Kofferraum – leider kein Großraumtaxi ist.

Sie hätten aber eines bestellt:

„‚Für fünf Personen‘, habe ich extra noch gesagt.“

 Also habe ich die Zentrale angefunkt, um die Sache zu klären.

„Nein, hat er nicht!!!“,

war die kundenorientierte Antwort des Zentralisten. Wie auch immer, einer von beiden hat Mist gebaut und wer darf es ausbaden? Ich. Kein Wort der Entschuldigung von irgendwem, nur ein

„Wir zahlen die Anfahrt jedenfalls nicht!“

der Jungs

und ein pampiges

„Und was soll ich da jetzt machen?!?“

der Zentrale, wie immer dicht gefolgt vom Funkabbruch.

Aber gut, Fehlfahrten sind insbesondere nachts nicht gerade selten und einzeln durchaus zu verkraften, nur im Rudel wird’s irgendwann schwierig. Denn in Sillenbuch ging es direkt weiter. Ich warte seit einer gefühlten Ewigkeit auf die Vorbestellung und bekomme kurz vorher einen Auftrag, der – ich hatte schon so ein Gefühl – nur wenige Sekunden, nachdem die Vorbestellung an meinen Hintermann ging, widerrufen wird.

Zurück am Platz bekomme ich eine „600 Neuhausen“ – Abholung von außerhalb. Die darf man eigentlich wegen der weiten Anfahrt ablehnen, doch aufgrund der „600“ muss ich den Auftrag annehmen, da die Fahrt wohl nach Stuttgart gehen soll. Viele Minuten später in Neuhausen ist vom Fahrgast nichts zu sehen. Ich kurve über das komplette Industriegelände, passiere dabei mehrmals drei unheimliche Gestalten, die ich lieber mal nicht anspreche, weil sie wohl gerade ihren Drogengeschäften nachgehen, und funke dann die Zentrale an.

„Ich ruf den mal an“,

verspricht der Zentralist, doch anstatt einer Rückmeldung bekomme ich stillschweigend den Widerruf auf den Funk. Erst auf meine erneute Anfrage hin heißt es dann, der Fahrgast bräuchte doch kein Taxi mehr. Nach dem zweiten Funkabbruch mitten im Gespräch an diesem Abend war ich dann so richtig gut gelaunt.

Zurück in Sillenbuch habe ich zwar die glorreiche Position „0“, was bedeutet, dass ich vor allen anderen den nächsten Auftrag bekomme. Bringt mir aber in dem Moment so ziemlich genau gar nichts, da ich sowieso die einzige Idiotin bin, die sich noch frei in diesem Sektor aufhält. Die anderen Kollegen sind mit den sieben Aufträgen beschäftigt, die in der letzten halben Stunde, die ich sinnlos in Neuhausen verbracht habe, in Sillenbuch rausgingen.

Aber egal: neues Spiel, neues Glück. Wieder eine Vorbestellung. Ein Kollege fährt gerade auf den Platz, zwei Aufträge gehen zeitgleich raus. Er bekommt die Vorbestellung und ich bekomme – you’ve guessed it – eine Pflichtabholung außerhalb. Auf dem halben Weg nach Scharnhausen wird auch dieser Auftrag kommentarlos widerrufen. Ich bekomme wieder die „0“, die mir wieder nichts bringt, denn der Platz ist leer. Der Kollege fährt wohl gerade zum Flughafen…

Mein nächster Auftrag bot dann allerdings doch mal wieder einen Fahrgast, so richtig in Fleisch und Blut, der seine Erscheinung auch extra noch mal mit einem beruhigenden

„Ich bin da!“ 🙂

freundlicherweise für mich bestätigte, nachdem ich ihm mein ganzes Leid geklagt hatte.

Das sollten sie alle sein, die Fahrgäste: einfach mal da, wenn man sie braucht. Ich bin’s schließlich auch.


Diebisch

28. November 2011

Gestern habe ich mich nach langer Abstinenz mal wieder mit einem Kollegen angelegt. Zumindest hat er es so empfunden. Das Ganze passierte ausgerechnet an meinem Lieblingsplatz und noch dazu betraf es einen Kollegen, der da auch immer steht, mit dem ich aber noch nie gesprochen habe – und der jetzt wohl auch nie wieder mit mir sprechen will (zukünftige Schimpftiraden ausgenommen).

Wir standen um die Mittagszeit zu zweit in Sillenbuch, er vor mir, ich dahinter in mein Buch vertieft. Irgendwann blicke ich auf und sehe einen potenziellen Fahrgast an seiner Beifahrerseite stehen und klopfen. Als ich das nächste Mal aufblicke, steht besagter Fahrgast irritiert neben meinem Taxi und steigt ein.

„Ist der Kollege nicht da?“

frage ich.

„Doch, aber der schläft tief und fest. Hab schon geklopft. Kann ich auch mit Ihnen fahren?“

„Können Sie natürlich, aber er wartet ja schon länger. Ich mach ihn kurz wach“,

sage ich und hupe zweimal. Keine Reaktion.

„Wenn Sie kurz warten wollen, ich gehe vor und wecke ihn auf.“

„Ehrlich gesagt hab ich’s sehr eilig und keine Zeit für dieses Hin und Her, ich fahre jetzt mit Ihnen.“

Bis hierhin nichts falsch gemacht, denke ich. Dass man beim Warten kurz einnickt, kommt immer mal vor, aber spätestens durch die Hupe des Hintermanns sollte man dann wieder aufwachen.

Noch dazu dürfte der Fahrgast selbst dann mit mir fahren, wäre der Kollege wach gewesen; die freie Fahrzeugwahl (um die es hier ja nur indirekt geht), nehmen einem manche Kollegen leider persönlich übel, obwohl ich jedes Mal darauf hinweise, dass ich noch nicht Erster bin. Insbesondere nachts ernte ich oft bitterböse Blicke, wenn jemand („Oh, eine Frau – oder auch damals: Oh, die neue E-Klasse 😉 -, ich will lieber mit Ihnen fahren!“) bei mir einsteigt.

Unterwegs bekomme ich dann direkt eine pikierte Funk-SMS aufs Display:

DU BIST EIN DIEB.

Ganz großes Ballett. Selber die Kundschaft verschlafen und andere dafür verantwortlich machen. Die Taxifahrer sind schon ein eigenes Völkchen, das wirst Du auch noch merken, wurde ich an meinem ersten Tag gewarnt. In Momenten wie diesen fällt mir das dann wieder ein.

Ging übrigens nach Esslingen und zurück. Falls er mich noch mal darauf anspricht, hält ihn der doppelte Ärger das nächste Mal vielleicht wach.


Stellungswechsel

24. Oktober 2011

Da es taximäßig gerade nahezu unheimlich ruhig ist, habe ich, wie neulich schon RTL, den großen Mia-Taxi-Test gestartet (bei RTL hieß er natürlich anders), kann aber leider, wie das bei fiesen Taxitests üblich zu sein scheint, auch nichts Gutes berichten. Glücklicherweise hab ich nicht die Stuttgarter getestet. 😀

Nun, genau genommen hab ich überhaupt nicht getestet, sondern bin einfach nur Taxi gefahren, aber  wer – wie ich kopfschüttelnd und Haare raufend – den seriösen (!) und repräsentativen (!) Taxi-Test von RTL gesehen hat, dem sei dieser lesenswerte Beitrag ans Herz gelegt.

Jedenfalls: In meiner neuen Wahlheimat unweit von Stuttgart kenne ich mich noch überhaupt nicht aus (was fast ein bisschen peinlich ist, da ich nur wenige Kilometer entfernt über 20 Jahre gelebt habe). Heute hatte ich hier also einen Termin und im Hinblick auf mein immer währendes Zeitproblem und ein Navi, das nach nur einem Jahr ständig Sperenzchen macht, sagte ich so zu mir:

„Nimmste mal wieder ein Taxi!“

Man muss dazu sagen, die Taxifahrer in der Wahlheimat sind die Sprücheklopfer vor dem Herrn. Schon das ein oder andere Mal kam ich in den Genuss einer verliebten Lobeshymne auf sich selbst. Wenn man nämlich als Taxifahrer in der Wahlheimat nicht täglich mindestens zwanzig Touren und dreihundert Euronen macht, wird man ausgelacht. Und wenn man Taxifahrer in Stuttgart ist, was mit der Umsatzproblematik einhergeht, sowieso. Überhaupt können sie alles besser als wir eingebildeten  Landeshauptstädter, weshalb ich es mir meistens verkneife, mich zu outen.

Die Hinfahrt war noch in Ordnung, auch wenn es das dreikommasieben Kilometer entfernte Ziel in seinen Augen nur gerade so wert war, den Motor anzuwerfen.

„Ach, der Stadtteil. Da kann man ja auch sehr gut zu Fuß hinkommen…“

Hab jetzt nicht so genau verstanden, was er mir damit sagen wollte. Aber sollte ich jemals derart zähneknirschend einen Fahrgast empfangen, möge man bitte meinen Taxischein durch den Schredder jagen.

Für die Heimfahrt hab ich mir dennoch ganz zuversichtlich und aus Alternativenmangel erneut ein Taxi geordert.

„Taxi kommt!“,

versprach die Zentrale.

Nach zwanzig Minuten war es dann auch schon da. Zumindest hab ich es am Anfang der Straße gesichtet und die Hand gehoben. Der Fahrer ließ sich davon nicht beeindrucken, so ein Telefongespräch lenkt mitunter ziemlich ab. Im Zeitlupentempo kam er mit Handy am Ohr auf mich zugerollt, in zehn Metern Entfernung hält er schließlich an und ich bequeme mich, ihm entgegen zu gehen.

„Steigen Sie ein, junge Dame, wo darf ich Sie hinbringen?“

hab ich mir eben gedacht, denn ich wurde keines Blickes gewürdigt.

Ich sitze. Wir stehen. Er telefoniert weiter.

„Okay“,

denke ich,

„Männer und Multitasking passen nicht zusammen. Give him a break.“

Da beweist er mir das Gegenteil und schaltet schon mal die Uhr ein.

Wir stehen weiter. Er telefoniert immer noch.

Ich so: „Äh ja, hallo erst mal. Schön, dass Sie auch noch gekommen sind. Ist ja wieder ganz schön kalt geworden.“

Er so: „… jaaaa, hat der misch voll angemacht!

Ich so, etwas eindringlicher: „Ich würde gerne in die Wahlheimatstraße.“

Er so: „He?! Isch des bei Reschtorant? Nee, nisch Du, hab isch gerade Kundschaft, weisch.“

Ich so: „Exakt. Und ich hab’s leider ein bisschen eilig.“

Wir rollen los, in die falsche Richtung. Er wendet gaaaanz langsam, nachdem ich ihn zweimal darauf hinweisen musste.

Er so: „Und isch dann so zu dem: Ey, bin isch hier der Taxifahrer oder Du? Wenn kannsch Du besser – Du fahren selber, näää?“

Mein Lachen an dieser Stelle hat er nicht verstanden. Und dass es, nachdem wir mit gemütlichen 40 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit irgendwann am Ziel ankamen, und er erst nach der Hälfte der Fahrt, als dann endlich geklärt war, dass es Hasen zum Abendessen geben sollte, mal sein Blueberry beiseite gelegt hat, kein Trinkgeld gab, irgendwie auch nicht. Zum Glück hat er noch seinen exorbitanten Umsatz, sonst müsste er ja fast mal seinen Kundenservice optimieren…

PS: Puh, kommt mir das nur so vor oder habe ich in diesem Beitrag meinen Jahresvorrat an Kommata aufgebraucht?


Weniger ist …

19. September 2011

manchmal eben einfach nicht genug.

Normalerweise wird Kommunikation im Taxi eher groß geschrieben, empfinden viele minutenlanges Schweigen auf engem Raum doch allzu schnell als unangenehm.

Ich hingegen sehe das eigentlich relativ entspannt, schließlich bin ich auch nicht die Smalltalkqueen, und habe daher schon viele lautlose Taxifahrten hinter mich gebracht ohne diese als frostig oder gar unfreundlich in Erinnerung zu behalten. Mein Motto hier: Mit wem man nicht schweigen kann, mit dem sollte man auch nicht reden. 😉

Der Großteil meiner Fahrgäste ist aber natürlich sehr wohl gesprächig oder mitteilsam (da besteht im Taxi durchaus ein Unterschied: Klappe halten und zustimmendes Nicken kann für den vom Fahrgast gewünschten „Dialog“ mitunter vollkommen genügen), darum soll es heute allerdings nicht gehen.

Denn nicht nur im Taxi, sondern auch ums Taxi herum kann dürftiges Ausdrucksvermögen zu Missverständnissen führen. Und den Schuh muss ich mir hier wohl anziehen:

Abholung in der Bernsteinstraße in Heumaden.

Ich fahre an, blicke lustlos in Richtung des nicht befahrbaren Zugangs zum Hinterhinterhinterhauseingang und warte die obligatorischen zwei Minuten ab, bevor ich mich auf den beschwerlichen Weg zur Haustür mache.

Ein verschlafenes

„Mmmmmm?“

vernehme ich aus der Sprechanlage und jetzt leiste ich ihn mir: meinen Bequemlichkeits-Fauxpas. Bis vor einigen Jahren hätte ich noch ganz charmant so etwas wie „Ihr Taxi ist da!“ oder „Sie hatten ein Taxi bestellt?“ geflötet, heutzutage beschränke ich mich auf das Wesentliche und sage schlicht:

„Taxi.“

„Ja… Danke!“,

heißt es und ich sprinte zum Taxi zurück, um die Uhr zu starten. Jede Sekunde zählt. Aus Sekunden werden allerdings Minuten und 6,80 € später stelle ich mich schon langsam auf die Waaaas-schon-soooo-viiiieeel-wir-sind-doch-noch-gar-nicht-losgefahren-Diskussion ein, aber nach wie vor ist kein Fahrgast in Sicht.

Zurück an der Klingel wecke ich, so könnte man meinen, meinen möglichen Fahrgast erneut aus dem Tiefschlaf und sage:

„Ja, äh, hallo, ich wollte nur noch mal Bescheid geben, dass ich unten warte. Dauert es denn noch länger?“

Den Zusatz „oder brauchen Sie kein Taxi mehr?“ habe ich mir wohlweislich verkniffen. Stelle niemals einen unentschlossenen Fahrgast vor die Wahl.

„Wer ist denn da?“

Oh Gott, habe ich mich vorhin etwa verklingelt? Bye-bye vergütete Wartezeit.

„Ähm, Sie hatten doch ein Taxi bestellt?! Ich hab vor über zehn Minuten schon mal geklingelt.“

„Ach so, das heißt, wir können dann fahren? Ich wusste jetzt nicht… Weil Sie nichts weiter gesagt haben, wissen Sie?!“

Ups. Na gut, in Zukunft läuft das bei mir so:

„Guten Tag, mein Name ist Mia und ich bin die Fahrerin desjenigen Taxis, das Sie vor fünfzehn Minuten unter (0711) 55 10 000 bei der Taxizentrale Stuttgart geordert haben.

Das Taxi, Marke Mercedes-Benz, klassisch elfenbeinfarben gehalten, mit roter Pizzeriawerbung, steht in zwanzig Meter Entfernung östlich von Ihrer Haustür und ist ab sofort zur Abfahrt bereit.

Vielen Dank fürs Bestellen, Mitfahren, Bezahlen und das großzügige Trinkgeld im Voraus. Bis gleich dann. In verbindlicher Erwartung: Ihre Taxifahrerin.“

Glücklicherweise hatte der junge Mann, der zum Fasanenhof auf eine Taufe wollte, noch genug unchristlichen Restalkohol im Blut, so dass ihm die 7,80 € nicht weiter auffielen. Die Retourkutsche gab’s allerdings prompt Ecke Kirchheimer Straße/Schemppstraße, als ihm einfiel:

„Bitte Stop hier, ich fahre doch lieber mit der U-Bahn.“

Grrrrrrrrrrr.

Andererseits: Noch nie habe ich so viel Geld (Trinkgeld gab’s sogar auch mit der netten Begründung: „Hier, für Dich, weil Du so gut gefahren bist!“ – Yeah, eine Runde um den Block unfallfrei überstanden!) mit so wenig gefahrenen Metern verdient.

Zurück am Platz in Sillenbuch wussten die Kollegen beim verregneten Herbsteinbruch wohl auch nicht so recht, wohin mit sich. Und so standen wir in trauter Neunsamkeit wie sonst nur am Silvesterabend und harrten hoffnungsvoll der Dinge, die da kommen mögen:

(Ist das nicht ein schöner Anblick? Der Taxi-Entzug war schrecklich. ;))


Völkerverständigung

5. Juni 2011

Meine heutigen Fahrgäste waren neben wenigen Deutschen doch überwiegend Amerikaner, Russen, Schweden oder sowas Ähnliches – und Franzosen.

Ein junges verlorenes Trio durfte ich samt Peugeot (fahren Franzosen eigentlich auch noch was anderes?) zur Autobahnauffahrt Richtung Strasbourg geleiten.

Ein Kollege, Zweiter am Platz, der sich erst erfolglos in wegweisender Gebärdensprache versuchte, hat mir diese Fahrt verschafft und war sich schnell ziemlich sicher:

„Wie kommt man nach Frankreich? Richtung Heilbronn – Würzburg, ne?“

Ich will gerade widersprechen, da hält mir eines der Mädchen einen ausgedruckten Routenplan unter die Nase, wo ich ebenfalls „A81 Heilbronn – Würzburg“ lese.

Oookay, ich verfalle zwar in tiefe Selbstzweifel, fahre aber mal voraus in Richtung Anschlussstelle Feuerbach zur A81. Unterwegs rattert es in meinem Hirn und ich sichere mich mit einem Telefonjoker ab, der mir dann noch mal bestätigt, dass A8 und A5 richtig sind und die angedachte Route in die völlig falsche Richtung geht. Nur erklär‘ das mal den Franzosen, die für ihre Englischkenntnisse nun nicht gerade berühmt sind. Und ich nicht für meine Französischkenntnisse, denn trotz neun Jahren Schulfranzösisch beschränkt sich mein Wissen unerklärlicherweise nur noch auf Phrasen wie „Voulez-vous coucher …?“ 😛

Ich kritzle also A8 und A5 und Karlsruhe und Basel und Ausfahrt Strasbourg auf einen Zettel und erkläre ihnen drölfmal, dass sie, wenn sie hier jetzt geradeaus weiterfahren, erst die zweite Autobahnauffahrt nehmen dürfen und dass Würzburg böse ist, blicke aber in relativ ausdruckslose Gesichter. Zum Glück konnte ich mein Helfersyndrom gerade noch unterdrücken, ich war ja sooo kurz davor…

Letztendlich waren sie dann aber doch ganz schön dankbar, haben mich mit viel Trinkgeld überhäuft und hielten mich wohl für ein ziemlich cleveres Ding, das sie a) einmal durch ganz Stuttgart gelotst hat und b) auch noch die richtige Route in die Heimat wusste.

Blöd nur, dass mir das alles erst zum Schluss einfiel, hätte es von der Planie aus nämlich eine wesentlich geschicktere Möglichkeit direkt auf die A8 gegeben. Zut alors! Egal, sie werden es nie erfahren. Und wenigstens nicht erst fälschlicherweise einen Abstecher nach Würzburg machen.

Noch peinlicher berührt war ich dann aber im Verlauf meiner nächsten Tour, als ich mich gerade einer netten Amerikanerin am Schlossplatz entledigte und schon zwei Herren mittleren Alters nur wenige Meter entfernt am leeren Taxiplatz warten sehe. In gebrochenem Deutsch wird mir erst mal gedankt, dass ich sie mitnehme. Kein Ding, hin und wieder transportiere ich schon auch mal Fahrgäste, wenn’s sein muss. 😀

Ebenfalls nur so halb verständlich fragt mich der andere, ob er seine etwas größere Tasche mit in den Fond nehmen dürfe. Ich verfalle daraufhin der Einfachheit halber wieder ins Englische und so plaudern wir während der Fahrt zum Mercedes-Museum über das wider Erwarten schöne Stuttgart und die am heutigen Tag bereits gesichteten Sehenswürdigkeiten.

Wie ich feststelle, sind meine Gäste dem Englischen auch nur eher unterstufenmäßig mächtig, also siegt meine Neugier und ich frage:

„So where are you from?“

Die unbefangene, fröhliche Antwort treibt mir die Schamesröte ins Gesicht:

„We are from Saxony!“

Ups. Ich arroganter Wessi habe eingangs zwei volle Sätze lang nicht verstanden, dass sie zwar kein astreines hohes, aber unterm Strich dann doch wieder anerkanntes Deutsch mit mir sprachen. Ich hab das Ding aber knallhart durchgezogen und meinte in liebenswürdigem Tonfall:

 „Oh, that’s nice!“

Dass jedoch eine Taxifahrerin in der schwäbischen Provinzmetropole ausschließlich Englisch spricht, darüber scheint sich keiner der beiden sonderlich gewundert zu haben. Im Westen was Neues, nor? 😀