Oh, Theo!

30. Dezember 2012

Wer von meiner ewigen Auto-parkt-auf-Taxiplatz-Nörgelei genervt ist, möge bitte nicht weiterlesen. Ich kann es ja selbst schon nicht mehr hören, aber das ändert leider auch nichts an der Situation. Gestern dachte ich schon, meine Gebete seien erhört worden, als ich im Rückspiegel sehe, wie ein Abschleppwagen hinter mich auf den Platz fährt. Mein Herz macht einen aufgeregten Freudensprung, aber der Fahrer musste dann doch nur kurz telefonieren. Auf dem Taxiplatz…

Kleine Gedächtnisauffrischung:

Photo00640

Selbst die Polizei hat letzte Nacht ganz gemütlich eine Verkehrskontrolle auf dem Taxiplatz durchgeführt und mit der Streife plus gestopptem Fahrzeug einfach mal ein Drittel des Platzes blockiert, anstatt – wie sonst üblich – einen der zwei Fahrstreifen zu nutzen und uns in Ruhe zu lassen. Mir scheint, man respektiert uns nicht mehr so richtig…

Voriges Wochenende stand ein Reisebus (!) über Stunden (!!) vorne auf dem Platz, in zweiter Reihe neben den üblichen Falschparkern, woraufhin mir eine zugeparkte Falschparkerin ihr Leid klagte und nicht so ganz verstanden hat, warum ich keine Lust hatte, auszusteigen und ihr beim Ausparken behilflich zu sein. Ich hab sie also genüsslich eine Viertelstunde rangieren, verzweifelt um den Bus herumlaufen und wieder rangieren lassen, bis ihr dann doch noch ein Fußgänger aus der Misere geholfen hat. Schade, hatte gerade angefangen, Spaß zu machen.

Neulich meinte ein Kollege zu mir, auf der anderen Straßenseite sei ja auch noch ein Taxiplatz. Ich hab ihm nicht geglaubt, fahre ich doch seit Jahren jedes Wochenende tausendmal da vorbei. Gestern hab ich genauer hingeguckt und: Tatsache. Den habe ich nur noch nie gesehen, weil da immer parkende Autos drauf stehen, ha ha.

Auch in der Kronprinzstraße gibt es einen Stellplatz für ein einzelnes Taxi, auf dem genauso munter normale Autos aus- und einparken. Wen interessiert da schon das Taxi im Rückspiegel…

Aber gerade in der Theo ist das Problem, dass man, wenn man auf dem dortigen Taxiplatz nicht unterkommt, erst mal die komplette Theo und Friedrichstraße runterfahren, wenden und die komplette Friedrichstraße und Theo wieder hochfahren muss, um zurück in die Innenstadt zu kommen. Und dafür braucht man mindestens zehn Minuten, weil die Polizei zu später Stunde sämtliche Wendemöglichkeiten sperrt und sich ellenlange Ampelstaus bilden.

Da ist es schon ärgerlich genug, wenn Kollegen die Zufahrt auf den Platz blockieren, indem sie nicht aufrücken oder großzügig Abstand halten und man deshalb vorbeifahren muss. Umso schlimmer, wenn Fahrzeuge den Platz besetzen, die dort schlicht nicht hingehören. Wie auch gestern wieder.

Klopf-klopf.

„Ich müsste hier raus.“

„Schön, aber das hier ist eigentlich ein Taxiplatz!“

 „Ja, soll ich jetzt etwa die ganze Nacht hier warten oder was?!“

Weiß der Teufel, warum ich einen netten Moment hatte und ihr nicht ordentlich die Leviten gelesen habe. Das wäre jedenfalls die Gelegenheit gewesen, einfach mal

 „Ja, genau das!!! Viel Spaß, bis 6 Uhr morgens stehen hier durchgängig Taxis!“

zu sagen.

„Nö, ich wollt’s nur erwähnt haben, weil es echt maximal nervt, ständig jemanden rauszulassen.“

„Okay, das tut mir leid, hab ich nicht gesehen…“

(Sie parkt direkt unter obigem Verkehrsschild.)

Dem Kollegen hinter mir ist dann aber doch noch kurz der Kragen geplatzt, er steigt aus, läuft dunkelrot an, holt tief Luft und staucht das Mädel zusammen:

„DAS IST EIN TAXIPLATZ!!! DAS IST U-N-S-E-R PARKPLATZ!!! IHR IDIOTEN SEID ALLE ZU BLÖD, SCHILDER ZU LESEN – UNVERSCHÄMT, FRECHHEIT!!! NUR WIR DÜRFEN HIER PARKEN, VERDAMMT NOCH MAL!!!!!!“

Puh, selbst ich stand kurz davor, für ihn den Platz zu räumen. 😉 Aber Recht hat er. Die parkt wohl nie wieder hier.

Dann rücke ich auf und stelle mich dicht neben einen Falschparker, damit ich nicht den ganzen Fahrradweg blockiere, als dieser die Fahrertür öffnet und sie mir dabei fast ins Auto rammt.

Ich, gebetsmühlenartig:

„Hallo, das ist ein Taxiplatz! Parken verboten.“

„Äh … ach so … Ja, stört Dich das denn?!“

„JA!?!“

„Hmmm. Das ist jetzt aber blöd, weil ich schon getrunken habe. Ich kann unmöglich hier wegfahren. Ich schlafe nachher auch im Auto. Ich dachte, es ist okay, weil hier alle parken.“

Da hat er natürlich nicht ganz Unrecht: ab fünf Falschparkern in einer Reihe verliert das absolute Halteverbot schließlich seine Gültigkeit… Aber ich hatte dann auch keine Lust mehr, mich mit einem besoffenen Vollidioten rumzustreiten. Ein Kampf gegen Windmühlen.

Wer sich mal ein (zugegeben schlechtes) Bild machen will:

Foto10930

Das Halteverbotsschild befindet sich nicht im Bild, gut sichtbar sind dafür die vermeintlichen Parklücken und die TAXI-Bodenmarkierung. Ist mir ja unerklärlich, wie manche Leute da tatsächlich auf die Idee kommen, der halbe Meter zwischen Randmarkierung und Bordstein wäre zum Parken geeignet oder – noch schlimmer – gar vorgesehen.

So, und jetzt schreibe ich drei böse Briefe an die Taxizentrale, die Stadt und die Polizei und gehe danach zum Kickboxen, um mein emotionales Gleichgewicht wiederherzustellen. 😀


Geduldsprobe

24. November 2012

Wenn ich mir dabei nicht so spießbürgerlich vorkommen würde, den nachts chronisch zugeparkten Taxiplatz auf der Theodor-Heuss-Straße zu fotografieren und ans Amt für öffentliche Ordnung zu schicken, hätte ich das gestern wohl gemacht. Inzwischen quetschen sich die Sünder nämlich nicht mehr nur schambehaftet an den äußersten Rand, sondern man stellt sich neuerdings selbstbewusst nahezu mittig auf die gut sichtbare TAXI-Markierung.

Noch mehr als über die Falschparker habe ich mich allerdings über einen Kollegen geägert, der innerhalb einer Viertelstunde dreimal ohne Murren bereitwillig in einer Tour rangierte, um den Ein- und Ausparkenden Platz zu machen. Mit mir hat man’s da bekanntermaßen nicht so leicht.

Als der Kollege hinter mir also wieder einmal zurücksetzte, nachdem er vom Ausparker charmanterweise wortlos angehupt wurde, mache ich einfach mal das, was ich am besten kann: nichts. Die Hupe habe ich so lange überhört, bis dazu übergegangen wurde, vor- und zurückzurollen und dabei ordentlich Gas zu geben, was wohl wiederum als Aufforderung gedacht war, doch endlich mal Platz zu machen. Neandertaler… Leider musste ich aufrücken und so konnte dieses Herzchen dann doch unerfreulich zeitnah entkommen.

Kurze Zeit später stehe ich wieder allein am Platz und blockiere eine Parklücke, die keine ist, als sich der Nächste vor mich stellt, zurücksetzt, dicht auffährt und hupt. Aussteigen und kommunizieren wollte er aber auch nicht, also fährt er rückwärts – nicht ohne mir dabei einen bösen Blick zuzuwerfen – an mir vorbei und versucht, sich vorwärts in die Lücke zu schieben.

Vor lauter Dummdreistigkeit übersieht er dabei den Motorradcop bei seiner Zigarettenpause Verkehrsüberwachung, der die ganze Sache beobachtet hat. Schließlich rollt dieser gelangweilt vor, macht eine lakonische Verzieh-Dich-Handbewegung, rollt wieder zurück und raucht ebenso gelangweilt weiter. An Coolness kaum zu überbieten. Mein Held der Nacht. 😉

Später schleicht sich noch jemand zerknirscht in sein falschparkendes Auto, startet den Motor, blinkt und wartet geduldig. Also ehrlich, einmal kurz nett an mein Fenster geklopft und sowas gesagt wie:

„Sorry, ich weiß, dass ich falsch stehe, könntest Du mich mal kurz rauslassen?“

und alles wäre kein Problem. Aber das war mir dann wieder zu blöd, also hab ich gewartet. Und er auch. Nach knapp acht Minuten, die er brav blinkend neben mir stand, bekam ich einen Fahrgast und musste das Feld räumen.

Wer weiß, wie lange er noch gewartet hätte. Aber ich werde die nächsten Nächte bestimmt noch die eine oder andere Gelegenheit haben, meine Fallstudie zu substanziieren. 😀

Nachtrag: Dass man das auch Nötigung nennt, ist mir zwar bewusst, aber hey, wo kein Richter, da kein Henker. Und ich muss sagen, meine Toleranzgrenze sinkt leider dramatisch mit jedem dieser überschaubar Intelligenten. Nachvollziehbarerweise, hoffe ich.


The Walking Dead

2. Januar 2012

Wenn die Silvesternacht sich dem Ende neigt, muss ich immer an Zombiefilme denken. Die Straßen sind übersät mit Papierfetzen, Scherben und Flaschen, hin und wieder begegnet einem ein anderes vereinzeltes Taxi, überall stehen Menschentrauben, die latent aggressiv winken, alternativ vors Auto laufen und sich, wenn man dann die Qual der Wahl hat und anhält, sofort um das einzige Taxi weit und breit prügeln.

Meine Standardantwort auf „Ganz schön viel los heute, was?“ war ja zunächst „Ich wünschte, das wäre immer so!“ Aber nachdem ich nun, zwei Tage später, meine innere Ruhe zurückerlangt habe und reflektieren kann: Um Gottes Willen. Das würde ich keine zwei Wochenenden am Stück durchhalten.

Um kurz nach 18.00 Uhr hab ich angefangen, um 7.40 Uhr und satte 510 € später aufgehört. Ich stand keine drei Minuten irgendwo unproduktiv rum. Der helle Wahnsinn.

Der heftige Regen hat die ganze Sache etwas ungemütlich gemacht, ansonsten waren die Fahrgäste  bis Mitternacht allesamt super und in äußerst großzügiger Trinkgeldlaune. Und das, obwohl ich nach dem gefühlten 1000. „Guten Rutsch!“ wohl nicht mehr ganz so überzeugend klang. Um 23.50 Uhr stand ich am Taxiplatz in der Rotebühlstraße, als ein Partychick vom Typ „Daniela Katzenberger in südländisch“ mit Handy am Ohr auf mich zugehastet kam:

„Können wir ganz schnell nach Wangen fahren, bitte???“

Von Stuttgart-West ins äußerste Stuttgart-Ost in zehn Minuten. Eigentlich wollte ich mir um Mitternacht ein ruhiges Plätzchen suchen und nicht gerade besetzt durch die Wangener Hauptstraße fahren, aber was tut man nicht alles für die Kundschaft, Silvester kam schließlich so überraschend.

Um Punkt Mitternacht, nachdem wir fast von zwei schulterblickfaulen Lemmingen in einer Kolonne von „Polizeivollzugsbehörde“-Fahrzeugen (whatever that exactly is) gerammt wurden, vernahm ich von hinten ein etwas deprimiertes

„Jetzt ist es genau 0 Uhr…“

Ja, sorry, Schätzelein, ich bin mit knapp 100 durch den leeren Wagenburgtunnel, aber mehr geht halt nicht. In Wangen hab ich sie rausgeworfen, wo sie auch geradewegs in die Arme ihres Lovers fiel, und ich hab mich erst mal für zehn Minuten in eine ruhige Seitenstraße verzogen, das Feuerwerk bewundert und mein letztes Twix für eine ganze Weile (Vorsätze und so) verdrückt. 😀

Und man sollte es ja nicht für möglich halten, aber die „An Silvester gibt’s keine Taxis mehr“-Panik ist so verbreitet, dass es gleich kurz nach Mitternacht die ersten Aufträge hagelte. Die ersten paar hab ich noch abgelehnt und mich dann langsam in Richtung Wangener Taxiplatz bewegt, wobei es ein paar überschaubar intelligente Spaßvögel unheimlich witzig fanden, Böller unmittelbar vor oder unter mein Taxi zu werfen. Den nächsten Auftrag hab ich angenommen und wo durfte ich abholen? An derselben Adresse, wo ich eben schon Madame abgesetzt habe. Sie allein hätte ich ja noch ertragen, allerdings sollten drei ihrer Freunde ebenfalls mit und von denen war weit und breit nichts zu sehen. Weil aber Silvester ist und alle so gut gelaunt waren, hab ich einfach mal umsonst kostenlos fünfzehn Minuten gewartet (und es später bitter bereut – man sollte einfach nicht mehr nett sein!). Nach Cannstatt sollte es gehen, viele Wege führen dorthin, ich hab mich für einen entschieden, der mit Sicherheit einer der kürzeren war. Das solariumverbrannte Hühnchen vom Rücksitz sah das wohl anders und pflaumt mich – an Silvester, the happiest time of the year, – aus dem Nichts heraus in einem Ton an:

„Nen größeren Umweg hätten wir ja jetzt nicht fahren können, nä??? UN-VER-SCHÄMT sowas!!!“

Die drei Mitfahrer schwiegen peinlich berührt und waren wohl zum Glück anderer Ansicht. Als unmittelbar ein paar Flüche in slawischer Sprache folgten, hab ich den Gedanken verworfen, mit ihr ernsthaft über die Fahrtstrecke zu diskutieren. Entsprechend eisig habe ich sie knappe 14 € (na, das kann nur ein Wahnsinnsumweg gewesen sein) später an einer Kneipe abgesetzt. 20 € und ein „Sorry“ von einem der Männer bekommen. Zeichen genug, um sie als blöde Nuss abzuhaken und mir nicht weiter den Kopf zu zerbrechen. Heute bin ich beide möglichen Strecken noch mal abgefahren und ich muss eingestehen: meine erste Wahl war 300 m länger, aber vier Minuten schneller. Asche auf mein Haupt.

Meine letzte Fahrt ging dann noch auf den Cannstatter Wasen. Im Frühjahr und Herbst herrscht dort großer Andrang dank des Volksfestes, zu dieser Zeit dagegen ist es einfach nur ein riesiger, leerer, dunkler Parkplatz. Vor der Einfahrt auf diesen bot mein Fahrgast an:

„Sie können auch hier halten, wenn Sie Angst haben. Ich sag das nur immer, weil es so dunkel und unheimlich da unten ist, aber ich bin kein böser Mensch. Also, wenn Sie Angst haben, steig ich hier aus. Die meisten Taxifahrer halten nämlich lieber hier oben (Memmen! :P). Aber ich bin echt kein böser Mensch, wirklich nicht!“

Pah, ich und Angst. Natürlich habe ich mich wagemutig von der Dunkelheit verschlucken lassen. Ich hätte es ja fast schon wieder lustig gefunden, wenn er mich dann wirklich noch ausgeraubt hätte nach dem Motto: Du hattest die Wahl! War aber nicht so, denn er war ja kein böser Mensch. Habsch mir aber auch gedacht. 😉

So, ihr seht, wirklich spannend war auch die Silvesternacht nicht, dafür überaus lukrativ (im Gegensatz zu den letzten Silvesterschichten: 2008/2009 Glatteisunfall um Punkt Mitternacht, 2010/2011 Mia sterbenskrank und aufs Höchste unmotiviert) und so soll es ja auch sein. Skiurlaub in der Schweiz ist gesichert. 😉

Eventuell bietet sich in nächster Zeit sogar die Gelegenheit, dauerhaft Wochenendnachtschichten zu fahren, da gäbe es dann mit Sicherheit wieder mehr zu bloggen. Drückt mir die Däumchen!

Und eindeutig zum letzten Mal für dieses Jahr, dafür aber mal wieder von Herzen: Frohes neues Jahr euch allen!

PS: Schönen Gruß an den netten Herrn, der trotz später Stunde einer der angenehmsten Fahrgäste überhaupt war und mich bestens unterhalten hat, wenn wohl auch aus Angst, ich würde wie schon der vorige Taxifahrer am Steuer einschlafen. Als wir ein paar wild gestikulierende Aggro-Kids, von denen einer gerade auf einen Mülleimer eintrat, in Vaihingen passierten, meinte er schmunzelnd: „Oh, ich glaube, wenn Sie hier zurückfahren, kriegen sie ein paar neue Fahrgäste…“ – „Aber ob ich die haben will?“ – „Tja, das weiß man vorher nie so genau…“ – ich bin dann anders zurückgefahren. 😉

PPS: Ein paar Tipps fürs nächste Silvester: Nicht mit den Massen am Taxiplatz in der Stadtmitte warten, denn die freien Taxis werden vorher abgefangen. Lieber ein paar Schritte nach außerhalb gehen, dann die Straßenseite wechseln und einfahrende Taxis mit leuchtender Dachfackel anhalten (Taxis, die die Innenstadt verlassen, sind besetzt!). Hierfür rechtzeitig auf sich aufmerksam machen, kleine Handzeichen, die man gerade noch so aus dem Augenwinkel ausmachen kann, sind semi-optimal. Nicht vor die Motorhaube laufen, um den Taxifahrer zum Anhalten zu zwingen. Das funktioniert nicht immer!


Blinken wäre gut

21. Oktober 2011

Was ich immer wieder mit Verwunderung feststelle: Taxifahrer und ihre „skills“ im Straßenverkehr werden vom Otto-Normal-Bürger mit Leidenschaft und Akribie unter die Lupe genommen. Nichts gibt einem Laien offenbar mehr Genugtuung, als einen Berufsfahrer bei jeder sich bietenden Gelegenheit zurechtzuweisen. Und wenn der das Publikum in Form von Fahrgästen gleich mitbringt, umso besser.

Ergänzend zum üblichen

„Und sowas wird Taxifahrer!“

empfiehlt sich bei mir noch

„Frauen am Steuer…“.

„Und dann auch noch blond!“

gilt neuerdings jedoch nicht mehr. Ein Klischee weniger, immerhin.

Richtig blöd habe ich mich in aller Öffentlichkeit zum Glück aber noch nicht angestellt. Einzig vor dem von Rauchern und Sonnenanbetern hoch frequentierten Haupteingang des Klinikums Böblingen-Sindelfingen habe ich mal kurz peinlicherweise in Erwägung gezogen, mich in eine Parklücke zu quetschen, die bei genauerem Hinsehen keine enge Parklücke war, sondern der großzügige Zwischenraum zweier parkender Autos auf einem Behindertenparkplatz. Beim Ausholen gerade noch rechtzeitig bemerkt und, als wäre nichts gewesen, scheinheilig die Kurve gekratzt. Auch auf einen Poller fahre ich (trotz Rückwärtsgangkamera…) lieber nachts in aller Einsamkeit.

Ansonsten bewege ich mich doch relativ sicher auf den Straßen und kenne zudem auch die ein oder andere knifflige Stelle in Stuttgart besser als diejenigen, die sich am Sonntag im Nachhinein wohl selbstgerecht auf die Schulter geklopft haben, weil sie der unfähigen Taxifahrerin gezeigt haben, wo der Frosch die Locken hat.

Ich leiste mal ein bisschen Aufklärungsarbeit:

1. Die Planie ist kein Kreisverkehr

Eine meiner überschaubaren Charakterschwächen ist der Zwang, meine Macht zu  demonstrieren, wenn Nicht-Taxis auf Taxiplätzen stehen. Was gar nicht geht: ein Nicht-Taxi an der Stelle, wo eigentlich das erste Taxi am Platz stehen sollte. Und was noch weniger geht: dies länger als eine Minute mit einem Taxi im Rückspiegel.

Als ich gerade so dabei war, den Übeltäter vom Taxiplatz Planie zu verjagen, hab ich auch gleich mal darauf hingewiesen, dass im gesamten Bereich keine Fahrzeuge außer Bussen und Taxis erlaubt sind. Kleinkariert und auch ein bisschen ätzend, aber hey, wenn ich alt bin, werde ich nur nörgeln und irgendwann muss ich schließlich mal damit anfangen. Er zog mürrisch von dannen und hielt nunmehr halb auf dem Zebrastreifen, halb auf der Fahrbahn außerhalb der privilegierten Zone. Kurz darauf bekam ich Kundschaft und startete in Richtung Charlottenplatz, als er seine Chance auf Revanche witterte, spontan das Steuer herumriss und sie sich zum Zwecke meiner Ausbremsung im „Kreisverkehr“ wohl nicht nehmen lassen wollte, die Vorfahrt. Zu dumm, dass er keine hatte.

Den selbstgerechten Blick hätte ich zu gerne als die stumme Bitte

„Fahr mir in die Beifahrerseite“

interpretiert, aber ich hatte ja einen Fahrgast. (Na gut, das war nicht der einzige Hinderungsgrund). Ansonsten eine echt gute Stelle für Versicherungsbetrug und so.

2. Kreuzung U-Bahn-Station Payerstraße

Die allgemeine Verwirrung kann ich zwar nicht verstehen, da die Ampelpfeile für mein Empfinden logischer nicht sein könnten…

… aber nachdem ich dort selbst schon einen Streifenwagen (freilich ohne Blaulicht) in aller Seelenruhe über rot habe fahren sehen, scheint das doch alles nicht so einfach zu sein.

Wie so oft fahre ich auch diesmal eine meiner Stammkundinnen und wir sind, auf der Rechtsabbiegespur an der Ampel wartend, ins Gespräch vertieft, als plötzlich hinter uns gehupt, gehuuuuuupt, gehuphuphupt, wild gestikuliert, zurückgesetzt, links vorbeigezogen und rechts über rot gefahren wird – mich dabei mit Blicken tötend. Zwei andere Autos folgen. Wenigstens meine Fahrgästin war auf meiner Seite und hielt mich zum Glück nicht für den dunkelsten Stern am Himmelszelt. Selig sind die geistig Armen.

3. Krankenhaus Ruit

Da ich relativ oft auf den Fildern unterwegs bin, bleibt es natürlich nicht aus, dass man hin und wieder mal ins feindliche Territorium Esslingen ausschwärmt. So auch dieses Mal. Am Ziel angekommen konnte sich meine Fahrgästin nicht so recht entscheiden, wo sie genau aussteigen möchte und da sich gerade kein Auto hinter mir befand, bin ich erst mal langsam die Straße entlang gerollt. Im Gegenverkehr schien Fahrerin samt Fahrzeug ähnlich unentschlossen, hat mich aber erst mal nicht tangiert. Etwa auf meiner Höhe macht die Fahrerin jedoch plötzlich auf sich aufmerksam und wirft mir ein augenrollendes

„Blinken wäre gut! Wohl ein bisschen überfordert…“

an den Kopf und braust davon.

Pah! Warum hauen die immer gleich alle ab? Dabei bin ich doch mehr der Ausdiskutierer! Dann hätte sie nämlich auch gemerkt, dass meiner eingeschlagenen Richtung kein freier Willen zugrunde lag, sondern ich schlicht den Verkehrsregeln gefolgt bin:

(Kunst mit „mangelhaft“ abgewählt, danke.)

So. Und wenn mich in nächster Zeit wieder jemand dumm von der Seite anmacht, werde ich Zuhause Pappschilder basteln, die ich im passenden Moment aus dem Fenster halten kann. Zum Beispiel:

„Das war DEINE Schuld und nur dank MEINEN Fahrkünsten hat’s jetzt nicht geknallt!“

oder

„Hier sind 70 erlaubt und ich fahr‘ schon 100. Was ist Dein Problem, Du Spaten?“

 oder

„Bitte fahren Sie nur an Sonntagen. Da finden Sie viele Gleichgesinnte.“

oder

„Weniger quatschen, mehr Gas geben.“

oder eben der Klassiker:

„Wenn man keine Ahnung hat…“

Eignet sich wohl am besten für alle Dummschwätzer, bei meinen anderen Mitteilungsbedürfnissen wäre die Schrift sowieso viel zu klein, dabei hätte ich doch sooo viel zu sagen! Zum Glück gibt es diesen Blog. 😀


Taxiplätze

21. Mai 2011

Um mich aus dem Dilemma zu befreien, mir das Bloggen nur dann zu erlauben, wenn etwas wahnsinnig Außergewöhnliches passiert ist, schreibe ich einfach mal absichtlich über etwas eher Langweiliges. 😛

Und zwar: Taxiplätze.

Jeder kennt sie, entweder durch diesen

oder jenen

dezenten Hinweis, meist sogar in Kombination für die ganz überschaubar Intelligenten.

Mit Taxiplätzen verhält es sich ungefähr so wie mit Bushaltestellen. Jeder hält „nur mal kurz“, parken traut sich dann längerfristig doch keiner. Sollte man meinen.

Ausgerechnet der hochfrequentierte Taxiplatz in der Theodor-Heuss-Straße ist regelmäßig komplett zugeparkt, was daran liegen mag, dass da früher tatsächlich Parkplätze waren, jetzt aber eben nicht mehr. Deutlich gemacht wird dies durch obige Hinweise und gelegentliche Strafzettel, die für meinen Geschmack viel zu selten verteilt werden. Wir stehen also notgedrungen nicht innerhalb der Markierung, sondern in zweiter Reihe bedrohlich nahe am Fahrradweg mit möglichst viel Abstand zu den parkenden Autos, um unvorsichtigen Türaufreißern vorzubeugen.

Fakt ist, wir machen uns der Nötigung strafbar, wenn wir einen Falschparker blockieren, der den Taxiplatz wieder räumen will. Wir müssen also in den späten Abendstunden in einer Tour rangieren, um den Wegfahrenden Platz zu machen. Ich reize das meistens so ein bisschen aus, denn statt einem zerknirschten

„Entschuldigung für die Umstände, aber wären Sie so freundlich, uns rauszulassen?“

wird man angehupt, angefuchtelt und aus dem Auto heraus angemacht:

„Ey, wir wollen raus hier!!!“

Nö, nö, so nicht. 😀

Meistens schaue ich so lange unbeeindruckt in die andere Richtung, bis sich jemand bequemt, wenigstens an meine Scheibe zu klopfen, den ich dann darüber aufkläre, wo er hier eigentlich steht. Interessiert die meisten eher weniger, zugegeben. Muss wohl noch an meinem autoritären Blick arbeiten.

Dass wir umgekehrt aber auch niemanden behindern dürfen, der in Falschparkabsicht den Taxiplatz ansteuert, steht hingegen nirgendwo geschrieben. Und da mir Ersteres irrsinnigerweise schon nicht vergönnt ist, hab  ich mir zumindest letzteren Spaß nicht nehmen lassen.

Ich stehe also am Platz, blockiere eine vermeintliche Parklücke, die gar keine ist, damit mir a) kein Radfahrer ins Heck rast und b) niemand verbotenerweise nachparkt und das Theater von vorn beginnt. In dem Moment kommt ein kleiner Peugeot angefahren, fährt vor mich auf die gut sichtbare T A X I-Bodenmarkierung, haut einfach mal kommentarlos den Rückwärtsgang rein und fährt bis auf zwei Zentimeter Abstand auf.

Ich mache nichts.

Er hupt.

Ich mache eine „Du darfst hier nicht parken“-Handbewegung und widme mich wieder meiner Lektüre.

Nach zwei Minuten blicke ich auf, der Franzose steht unverändert mit Rückwärtsgang vor mir. Wahrscheinlich diskutieren sie gerade, wer dem beschränkten Taxifahrer aufs Maul hauen soll. Letztendlich steigt dann doch die Beifahrerin aus, nur leider lasse ich mich als Frau weder von wenig Mini noch von viel Dekolleté beeindrucken, als sie mich nicht mehr ganz so gut gelaunt darauf hinweist:

„Wir wollen hier parken! Kannst Du mal wegfahren?!“

„Das sieht zwar so aus, als wären hier Parkplätze, stimmt aber nicht. Das ist ein Taxiplatz, unschwer an der Bodenmarkierung zu erkennen, auf der ihr steht, und alle, die hier schon parken, dürfen hier gar nicht stehen.“

„Aha. Also kannst Du dann wegfahren?“

Kopf -> Tisch.

„Und warum stehst Du nur halb in der Lücke und nicht ganz?!“

fragt sie, nachdem ich meinen Satz noch mal gaaaanz langsam wiederholt habe.

„Ich stehe genau richtig.“

„Boah, dann fahr doch wenigstens IN die Lücke, damit es nicht so aussieht, als wäre hier was frei!!!“

„Das geht auch nicht. So kann ja keiner mehr einsteigen, außerdem sehe ich keinen Grund, weshalb ich mich an den Rand quetschen sollte, nur weil ihr zu blöd seid… nicht lesen könnt.“

Hab dann noch eine Weile erfolglos mit ihr über die Markierung diskutiert, bis sie dann irgendwann wutschnaubend und um ein paar beleidigende Grußworte ärmer zurück zum Auto stapfte. Wenige Minuten später werde ich besetzt und als ich kurz darauf wieder am Platz vorbeikomme, steht natürlich ein anderer Sünder in der Lücke. Man kann nicht jeden kriegen. Aber lustig war’s trotzdem.

Nett war auch, als ich im Verlauf des Abends besetzt zur Schleyerhalle fuhr, mich dort hinter einen freien Kollegen kurzerhand an den Platz stellte, um zu kassieren und meinen Fahrgast aussteigen zu lassen, als von hinten ein Nicht-Taxi kommt, wohl ebenfalls jemanden aussteigen lassen will und mich – ein Taxi auf dem Taxiplatz, wohlgemerkt – zweimal anhupt, damit ich schneller wegfahre und er meinen Platz einnehmen kann.

Ich bin ausgestiegen, hab die Arme theatralisch-aggressiv in bester „Entschuldigung, WAS bitte willst Du?!“-Manier fragend in die Luft geworfen und ihn entgeistert angeguckt. Da erkannte er dann auch mal die Absurdität seines Anliegens und zog schnell von dannen.

2:1! 😀

Ansonsten war die letzte Nacht eine Katastrophe. War jemand von euch in Stuttgart unterwegs und kann mich aufklären? Hab ich den internationalen Tag der illegalen Autorennen verpasst?

Überall entlag der Theo- bzw. Friedrichstraße standen Schaulustige wie am Hockenheimring, alle paar Sekunden gab es kurze Rennen, quietschende Reifen, Motorgeheule. Vom peinlich aufgemotzten VW Polo bis hin zum Lamborghini. Je dicker die Autos, desto häufiger die Mietwagenkennzeichen von Sixt & Co. Und hier und da natürlich Fußgänger, die zwischen den ganzen Posern mal eben über die vierspurige Straße laufen. Dass die Polizei das ernsthaft mitgemacht hat, finde ich schon verwunderlich.

Hab mich dann gegen 2 Uhr in Richtung außerhalb gelegener Taxiplätze verkrochen und da noch ein paar Euros eingefahren, der Umsatz ist nicht weiter erwähnenswert. Das war meine Freitagnacht. Und eure so? 😉


Vertrauen ist gut

8. Mai 2011

Die gute Nachricht zuerst: Ich lebe noch. 😉

Die Schlechte: Welz ist nach wie vor auf der Flucht, aber ich war dann wider Erwarten doch nicht ganz allein mit meiner Paranoia, wie diese Funkmeldung der TAZ beweist:

Für die ohne Adleraugen unter euch:

„Z.A.A. Polizei informiert, dass der Taximörder vom Bodensee flüchtig ist, bittet um äußerste Vorsicht. Hinweise an jede Polizeidienststelle!!!“

Aber back to topic: Vertrauen ist gut. Ohne Kontrolle zwar nicht uneingeschränkt zu empfehlen, aber mir hat es heute drei ungewöhnliche Fahrten beschert:

Als ich gerade am Flughafen meinen Fahrgast ausquartiert habe und wieder einsteigen will, tritt ein Mann an meine Fahrertür – mit einem Messer in der Hand.

[Dramatische Pause!]

Einem Schweizer Taschenmesser mit Perlmuttschale im Wert von über 300 €, um genauer zu sein. Ich möge es für einen Zwanziger doch bitte bei ihm Zuhause in den Briefkasten werfen, da das Gepäck schon aufgegeben sei und es im Handgepäck ein bisschen schwierig werden könnte. In der Tat, so ein klitzekleines bisschen. 😀

Auf meine Frage, warum er damit nicht den Taxifahrer beauftragt hat, der ihn eben schon zum Flughafen brachte, kam die politisch nicht ganz so korrekte Antwort:

„Nee, echt nicht, der sah aus wie Osama!“

(Verschwörungstheoretiker dürfen sich freuen.)

Natürlich habe ich das Messer ordnungsgemäß eingeworfen und nicht einmal überprüft, ob mit einer der zig Funktionen nicht etwa das Türschloss zu knacken und die Bude in aller Ruhe leerzuräumen gewesen wäre. Ebenso wenig habe ich den Schein eingesteckt und das Teil in den nächsten Mülleimer geworfen. Oder bei eBay verhökert. Oder Mami zum Muttertag geschenkt. 😉

Als Nächstes durfte ich einen Mercedes-CLS-Ersatzschlüssel quer durch Stuttgart fahren, weil Frau den Hauptschlüssel in den Gulli fallen ließ und Mann lieber Zuhause weiter grillen wollte.

Und zu guter Letzt wollte mich eine Alkoholikerin zur Tankstelle schicken, um ein paar Flaschen Korn zu besorgen. Sie ließ sich partout nicht zum Mitfahren überreden, wie das beim Taxifahren für gewöhnlich so üblich ist.

„Ähm … (Gewissen versus „Wenn Du es nicht machst, macht es halt ein anderer und verdient daran“) … okay, ich bräuchte dann das Geld.“

Sie reicht mir eine Kreditkarte.

„Damit können Sie zwar nachher die Fahrt bezahlen, aber den Alkohol in der Tankstelle nicht, weil man dafür Ihre Unterschrift braucht.“

Sie reicht mir eine EC-Karte.

„Das funktioniert so leider auch nicht, ich brauche schon Bargeld.“

Sie wird zunehmend gereizter:

„Warum nicht!?! Ich hab Ihnen hier doch extra meine PIN aufgeschrieben, die anderen Taxifahrer machen das auch immer!!!“

Huiuiui. An ihrer Stelle würde ich mal die Kontoauszüge überprüfen, ob da nicht vielleicht noch ein paar Liter Diesel mitabgebucht wurden. Wir haben das Problem dann so gelöst, dass ich aus eigener Tasche bezahlt habe und sie am Ende den Fahrpreis plus meine Auslagen mit Kreditkarte. Zu dieser Variante habe ich ihr mal besser für die Zukunft geraten, wenngleich bezweifelt werden darf, dass das alle Kollegen anstandslos mitmachen.

Und als ich kurz vor Feierabend wie so oft am Méridien stehe, sichte ich schon wieder einen Promi, yay!

Oder vielmehr hat mich ein Promi gesichtet und ich habe mangels Sehhilfe erst mit zusammengekniffenen Augen böse zurückgestiert, bis mir auffiel, dass es sich hier um Wladimir oder Vitali – Tendenz zu Letzterem, aber wer kann die schon auseinander halten? – Klitschko handelt. Dann hab ich natürlich schlagartig (höhö) nett geguckt, bevor er sich noch angepöbelt fühlt und mir auf die Nase haut. 😀

Hach, was ein aufregender Tag! Und endlich konnte ich mal wieder bloggen.


Bloody Sunday

10. April 2011

Sämtliche Krankenhäuser und die Sonderzufahrten zu den Notaufnahmen habe ich anno dazumal nur aus einem Grund auswendig gelernt: Schwangere! Alles andere ist nicht dringend genug, als dass man nicht erst das Navi anwerfen könnte, und der Rest soll gefälligst den Krankenwagen nehmen. Soweit mein Plan.

Zwar würde ich mich nach außen hin bemühen, Mutter und Kind noch ineinander vereint in die Klinik zu bringen, aber insgeheim doch immer darauf spekulieren, dass das Baby schneller ist als ich fahren kann. Denn es gibt wohl kaum eine coolere Geschichte für einen Taxifahrer als die, wie er in seiner Droschke einem Kind geholfen hat, das Licht der Welt zu erblicken.

Leider hat es in fünf Jahren noch keine kurz vor der Entbindung stehende Frau zu mir ins Taxi geschafft. Dafür heute mal ein anderer Notfall, der aber erst relativ harmlos begann:

Abholen sollte ich in Stuttgart-Ost. Zwei Männer, einer jung und unversehrt, der andere fortgeschrittenen Alters mit einer Hand in dunkelrot eingefärbten Handtüchern, steigen ein.

„Jo, dann mal zum Marienhospital, ne?“

Über meinen Einwand, aufgrund der rasch fortschreitenden Einfärbung der vormals weißen Tücher doch lieber das Karl-Olga-Krankenhaus in unmittelbarer Nähe aufzusuchen, ging er lässig hinweg:

„Nö, ist ja nur ein ganz kleiner Schnitt, das hört schon wieder auf zu bluten. Und es tut auch gar nicht weh!“

Das aus dem Munde eines Mannes, harhar! 😀

Unterwegs erzählt er, er habe sich vor vier Stunden an einem kaputten Glas geschnitten, daraufhin ein paar Schnäpse getrunken um den Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen (ah ja…), aber es höre einfach nicht auf zu bluten. Zu allem Überfluss nehme er auch noch blutverdünnende Tabletten. Aber es sei ja wirklich nur ein ganz kleiner Schnitt.

Zum Beweis schlägt er das Handtuch auf und mir spritzen unkontrollierte Blutfontänen entgegen. Er war sichtlich schockiert, ich konnte mich bei einem solchen Schauspiel auch nur noch bedingt auf die Straße konzentrieren, also halte ich mit imaginärem Blaulicht mitten auf der Straße an, renne zum Kofferraum und wickle seine Hand – das Blut spritzt indes in hohem Bogen auf sein Hemd, seine Hose, mein Armaturenbrett, meine Stoffsitze – hilfsweise in zwei Rollen Küchenpapier, und rase danach mit Überschallgeschwindigkeit zur Notaufnahme.

Vor lauter Aufregung und Aktivität ist mir nicht mal flau geworden (Stolz!), aber als ich dann später an der Tankstelle stehe und mit kaltem Wasser versuche, die Überreste des Massakers aus meinem Taxi zu entfernen, bin ich wieder ganz Mädchen und nehme dankbar die Hilfe des Tankwarts an, der sich, glaube ich, so ein bisschen als Held fühlt, wie er da minutenlang mein Taxi vom Blut befreit.

Meinen Wunschtraum von der Taxigeburt werde ich wohl mal überdenken. Ist bestimmt eine noch größere Sauerei. 😀


Auf die Größe kommt es an

2. Februar 2011

„Wenn man einen Riesen sieht, so untersuche man erst den Stand der Sonne und gebe Acht, ob es nicht der Schatten eines Pygmäen ist“, schrieb einst Novalis.

Angesichts der Tatsache, dass sich die Sonne während so einer Nachtschicht doch eher dezent im Hintergrund hält, schiebe ich der Einfachheit halber einfach alles mal auf den Alkohol.

Nachdem mein vorübergehender fahrbarer Untersatz von einer Fahrgästin im Greisenalter nämlich neulich in aller Liebenswürdigkeit als „Knutschkugel“ (traf nachvollziehbarerweise nun nicht direkt mein Komikzentrum) bezeichnet wurde, war ich doch überrascht, als ein dynamischer Typ vom Schlag Dipl.-Ing. bei Daimlers einsteigt und nach zwei Minuten genüsslichen Räkelns vermeintlich treffsicher vermutete:

„Was ist das hier eigentlich? E-Klasse, oder?!“

Yeah, the pride is back. 😀

Noch überraschter war ich allerdings, wie oft man mir dann im Laufe der Nacht doch wieder einreden wollte, mein kleiner Mercedes sei ein Großraumtaxi…

Erst lade ich am Perkins Park aus, wo ich zwanzig Meter weiter direkt wieder rangewunken werde. Wer den Perkins Park kennt, weiß um die Parksituation: Ich blieb spontan einfach mitten auf der Fahrbahn stehen. War ja kein Verkehr.

Und natürlich, wie das bei den entscheidungsgehemmten Partypeople eben so ist, musste sich erst einmal untereinander beratschlagt, dann Geld gesammelt und mit mir ein Pauschalpreis verhandelt werden. Bis sich dann plötzlich herausstellt: Ups, wir sind ja zu fünft.

„Kannst Du nicht? Geht doch auch nicht weit!“

Oaaah, jetzt soll ich mir sogar eine dieser seltenen Kurzfahrten entgehen lassen? Ob ich der Versuchung widerstehen kann? Trotzdem: Vergisses. Praktischerweise rollte just in diesem Moment von hinten ein Streifenwagen heran, standesgemäß mit Blaulicht, wohl aufgrund des Trubels auf der Fahrbahn, und ich ergreife einfach mal die Flucht. Sie sind mir nicht gefolgt. 😀

Am Nordbahnhof werde ich erneut angehalten. Eine unüberschaubare Zahl an jungen Menschen hüpft mir ins Auto, ich rolle los, werfe nach ein paar Sekunden einen Blick in den Rückspiegel und sehe drei, nein, oh Schreck, vier Köpfe! Ahhhh! Mein Fehler zwar, aber ist es nicht erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit sich diese Bohnenstangen stillschweigend bei mir ins Taxi quetschten? Nun, mein Gemotze durften sie sich anhören, die Uhr lief aber schon und ich war zu faul, die Fehlfahrt auf dem Abrechnungszettel aufzudröseln, also hab ich sie in aller Heimlichkeit (Achtung, Ironie) am Schlossplatz rausgelassen.

Ein paar Touren später fahre ich die Theodor-Heuss-Straße rauf und runter auf der Suche nach der letzten Kundschaft für diese Nacht, als an einer Ampel eine Gruppe auf mich zustürzt. Einer, wohl das nüchternste Exemplar, lehnt sich in den Beifahrerraum und fragt mit Engelszungen:

„Wir wollen nach Baach (Anm. d. Red.: Kaff am Ende der Welt in exakt entgegengesetzter Richtung von meinem Ablöseplatz – danke, Murphy!), aber wir sind zu fünft, ginge das?“

„Nein, tut mir leid, mach‘ ich nicht.“

„Och bitte, wir ducken uns auch, wenn wir in ’ne Kontrolle kommen.“

Genau, so ganz unauffällig… Und dann kotzt ihr mir in den Fußraum.

„Sorry. Ich kann zwar mal bei der Zentrale nach einem Großraumtaxi fragen, aber um die Zeit kann das schon ein Weilchen dauern. Sieht wohl so aus, als müsstet ihr euch zwei Taxis nehmen.“

Getuschel untereinander.

Ein anderer fragt:

„Macht er nicht?“

Mein Verhandlungspartner in fast ehrfürchtigem Ton:

„Es ist eine S I E !!!“

Hihi. Diese überdeutliche Klarstellung, wenngleich völlig kontextirrelevant, fand ich dann doch herzig. 😀

Der zweite Kerl kommt also an mein Fenster und juchzt:

„Ey, die kenn‘ ich! Hahaha!“

Verdammt! Weite Fahrt in Aussicht + bekannter Fahrgast = denkbar schlechteste Kombination. Heißt fester Freundschaftspreis, heißt kein Trinkgeld, heißt freundlich sein und Konversation machen.

Muss ich doch in einer Stadt mit 600.000 Einwohnern ausgerechnet einem Typen aus der Parallelklasse meines Abijahrgangs über den Weg fahren. Damals hatten wir zwar so ziemlich genau gar nichts miteinander zu tun, aber für eine günstige Heimfahrt kann man sich dann schon mal kurzzeitig opportunistisch zeigen, ne? Schnell war es dann auch mit der Loyalität unter Großraumtaxisuchenden vorbei und so hab ich ihn und seinen Kumpel für ’nen Apfel und ein Ei (und eine „Lass Dich knuddeln“-Umarmung, die mich eher an den Würgegriff eines Taxiräubers – so von hinten um die Kopfstütze herum – erinnerte) nach Baach gebracht. Der Rest der Truppe wird mindestens das Doppelte bezahlt haben.

Sein zufriedener Abschlusskommentar:

„Gib‘ mal Deine Nummer, jeder arme Student sollte seinen persönlichen Taxifahrer im Handyspeicher haben!“

Notiz an mich selbst: Freundeskreis auf ein Minimum reduzieren. Freundschaftsschließungen in Zukunft durch mürrischen Standardblick unterbinden.

Und liebe Kinder: Es gibt zwar nicht viele Großraumtaxis, aber es gibt sie. Die nehmen meines Wissens auch Vorbestellungen an, eben weil sie so begehrt sind. Einfach mal in der Zentrale fragen oder sich direkt eine Karte des Großraumtaxifahrers geben lassen. Wenn euch das zuviel Aktionismus ist, sucht ruhig weiter nach den wenigen überschaubar intelligenten Kollegen, die für Geld alles tun und auch schon mal mehrere Leute auf- oder gar ineinander gestapelt transportieren. Aber die goldene Regel nicht vergessen: Wer die Scheibe kaputt macht, zahlt. 😉


Fly me to the moon

11. November 2010

Eigentlich bin ich wenig von mir selbst überzeugt, im Gegenteil, meistens bin ich überzeugt davon, rein gar nichts zustande zu bringen, aber wenn ich doch eines kann, dann: Autofahren! Jawoll. Hab ich tief in meinem Innern zwar schon immer gewusst, aber meine Kundschaft scheint es ähnlich zu sehen. Gleich sechs tolle Komplimente an einem Wochenende, das muss natürlich schriftlich festgehalten werden.

  1. „Wir haben schon gemerkt, Stuttgarter Taxifahrer fahren sportlich!“ Hab ich mal positiv gedeutet. Eigentlich wollte ich nur den voraus fahrenden Kollegen, der den anderen Teil der Truppe chauffiert hat, nicht verlieren – aber so oder so haben sie natürlich Recht.
  2. „Holla, für ’ne Frau echt nicht schlecht. Die Strecke fährst Du aber auch öfters, was?“ Sprachs auf der Neuen Weinsteige. In der Tat, die Strecke ist die Verbindung zwischen Stadt und Flughafen, fährt man demnach öfters mal (weshalb auch der immer wieder nett gemeinte Hinweis „Achtung, da kommen gleich Blitzer!“ so ein Bisschen … gääähn ist). Die Weinsteige ist für mich jedenfalls sowas wie die Porscheteststrecke, nur ohne Porsche und Test, einfach Spaß an der Freude – könnte ich blind fahren. Blöderweise behindern die beiden neu installierten zusätzlichen Blitzer, die schön über die ganze Strecke verteilt wurden, ein klitzekleines Bisschen meinen Fahrstil. Hmpf.
  3. Abholung in den frühen Morgenstunden beim Ibis-Hotel am Marienplatz. Junge Amerikanerin springt rein und meint nur: „RUN to the airport!!!“ Tja, was will man machen? Kunde ist König und ich beuge mich seinem Willen. Hier kam dann auch wieder die bereits erwähnte Weinsteige ins Spiel und ich hab mich ein wenig wie eine Heldin gefühlt, als wir gefühlte zehn Minuten später am Flughafen standen und sie mir mit einem „Thank you soooo much!“ freudig um den Hals fiel.
  4. Ältere Dame steigt abends in Birkach ein, wir gondeln gemütlich los und so nach fünf Minuten fragt sie beiläufig: „Junge Frau, mein Zug fährt in zwölf Minuten – meinen Sie denn, das schaffen wir noch?“ Ich liebe Herausforderungen. Geschafft hat sie es aber dennoch nicht, zwar waren wir nach 11 Minuten tatsächlich am Bahnhof („Das haben Sie jetzt aber gut gemacht, hätte ich nicht gedacht, dass wir überall so durchflutschen!“), aber wie sie dann in aller Seelenruhe Richtung Haupteingang geschlurft ist, war mein „Wer später bremst, ist länger schnell“-Verhalten totaaal umsonst. Der Zug ist wohl abgefahren. Höhö. 😉
  5. Nachts auf der Theo(dor-Heuss-Straße) hat man immer den Eindruck, man ist umgeben von Idioten: Unterbelichtete unbeleuchtete Fußgänger torkeln rennen meist völlig unkontrolliert über eine vierspurige Straße. Gerade 18 gewordene Lowbrainer versuchen sich gegenseitig in ihren getunten VW Polos abzuziehen. Die Polizei sperrt regelmäßig die einzige U-Turn-Möglichkeit vorne in der Friedrichstraße, wohl um den auf Action erpichten Zuschauern die Show zu stehlen, sodass man schon mal eine Viertelstunde an der Ampel anstehen muss, was den Fahrgast in aller Regel und völlig zu Recht doch sehr in Rage bringt. Long story short: Wenn man gegen 4 Uhr früh die Strecke vom Rotebühlplatz bis zum Hauptbahnhof ohne Auffahrunfälle, Passanten auf der Motorhaube oder sonstige Zwischenfälle überstanden hat, ist man schon mal gut. Noch besser fand ich da den Spruch meines männlichen Fahrgastes: „Ich will ehrlich sein, ich bin schon ein Bisschen chauvinistisch veranlagt, aber Frauen können einfach nicht Autofahren. Generell können Menschen einfach nicht Autofahren. Und deshalb dürfen Sie sich auch geehrt fühlen, wenn ich Ihnen sage, dass ich die Fahrt mit Ihnen nicht nur sehr genieße, sondern mir nebenher sogar ein Organ transplantieren lassen würde.“ 
  6. Auch wieder mitten in der Nacht auf der „Stadtautobahn“ (ich hab keine Ahnung, was eine „Stadtautobahn“ sein soll, „Autobahn“ assoziiere ich mit mindestens 120 km/h und eigentlich ist es ja sowieso keine Autobahn, sondern nur eine Stadtbundesstraße, klingt aber nicht so cool und meine Schwester sagt immer „Stadtautobahn“ und deshalb sage ich das eben auch) – doch eigentlich befinden wir uns zum Zeitpunkt des Geschehens auf der Hauptstätter Straße also known as „B14“ :D. Meine Fahrgästin ist nicht gerade der kommunikative Typ, wohl auch etwas melancholisch-sentimental angehaucht, wie sie so die ganze Fahrt über aus dem Fenster starrt, als sie mich plötzlich ganz verzückt ansieht und mit strahlenden Augen verkündet: „Mit Ihnen zu fahren fühlt sich an, als würde man fliiiiegen!“

Hach, das hört man doch gerne.

Und zu eurer Information: 0 Punkte in Flensburg. 😀


Nomen est omen?

23. Oktober 2010

Kleiner Denkanstoß zu Beginn: Ist es eigentlich nicht sehr viel wahrscheinlicher, dass sich „Werkswagen“ weniger von „Werk“ als vielmehr von „Werkstatt“ ableitet? Wer ist dafür? Mein Taxi kam nämlich erst gestern* aus der Werkstatt und heute ist es schon wieder dort. Aber fangen wir von vorne an:

Hach, was für eine Schicht – so ganz ohne Fahrgäste. Okay, das stimmt nur teilweise, denn zumindest der Morgen verlief normal, wenn auch sehr ruhig. Gegen 11.30 Uhr stand ich am Le Méridien als drei Japaner einstiegen und zum Mercedesmuseum wollten. Interessanterweise gehen übrigens 99% aller Fahrten vom Le Méridien zum Mercedesmuseum. Als ein Fahrgast tatsächlich mal zum Porschemuseum wollte, musste ich zweimal ungläubig nachfragen. 😉

Aber zurück zu meinen Japanern. Auf halber Strecke blinkte nämlich plötzlich die Ölleuchte auf und das Auto sprang direkt in den Notlauf. Super Sache. Meine Japaner wurden jedoch erst auf den weniger komfortablen Fahrkomfort aufmerksam (die dachten wohl, ich rolle generell mit 30 km/h auf einer vierspurigen Hauptverkehrsstraße…), als ich ihnen zu erklären versuchte, dass sie den Rest der Strecke eventuell laufen müssten, „because no more power“ und so. Was heißt eigentlich Vollgas auf Englisch? 😀

Zum Glück ist die Mercedesstraße halbwegs eben und so hab ich meine Passagiere, wenn auch sehr mühsam, doch noch bis vor die heiligen Hallen chauffiert.

An der nächsten Shell hat sich sofort ein arbeitswütiger Tankwart auf mich gestürzt und es sich nicht nehmen lassen, umgehend meinen Ölstand zu prüfen. Also den des Taxis, versteht sich. 😉 War aber dummerweise alles in Ordnung und als ich gerade schön verwirrt ob meiner weiteren Vorgehensweise war, hab ich mir doch tatsächlich ein Frostschutzmittel andrehen lassen. Respekt vor dieser Ausgebufftheit!

Meinen Chef hab ich jedenfalls in seinem wohlverdienten Urlaub gestört und der hat mich trotz der Krisensituation (Krise, da unser Ersatztaxi bereits für ein anderes Taxi unseres Unternehmens im Einsatz war, ansonsten hätte man meinen Wagen problemlos austauschen können) relativ unbeeindruckt an seinen Stellvertreter verwiesen, den ich dann nach einer Nachtschicht aus dem Bett klingeln durfte musste.

Nun, es gab nicht viele Möglichkeiten angesichts der Tatsache, dass sowas ja nach Murphys Gesetz grundsätzlich am Wochenende passiert:

1. Zum Hallschlag rollen und einen Meister draufgucken lassen.

2. Trick 17: „Motor aus, Schlüssel abziehen, Auto verschließen, warten.“

Die zweite Variante erinnerte mich dann doch etwas an den Witz mit dem aus- und eingeschaltenen Bildschirm mit der Absicht, den Rechner neuzustarten, hihi. Hat natürlich nichts gebracht und bei meinem Glück fand sich beim Hallschlag an einem Samstagmittag auch kein Kfz-Meister mehr.

Also zurück zum Daimlerwerk gerollt und hier wird es dann so richtig absurd:

Tor 1 angefahren.

Ich: „Hallo, ich würde gerne mein Taxi, das ein Versuchswagen ist, hier auf dem Werk abstellen, damit mein Chef am Montag kommt und mit Herrn [Nachname und Mitarbeiter bei Daimler] schaut, was mit dem Auto nicht stimmt.“

Habe ich mich arg missverständlich ausgedrückt? Ich finde nicht.

P1: „Sie sollen das hier abstellen?“

Wow, jemand von der ganz schnellen Sorte.

Ich: „Genau das.“

P2 gesellte sich dazu und war ganz aus dem (Pförtner-)Häuschen.

P2: „Wo ist denn Ihr Fahrauftrag? Den brauchen Sie nämlich. Ohne was Schriftliches geht hier gar nichts. Und was heißt, Sie wollen das hier abstellen? Arbeiten Sie beim Daimler?“

Ich: „Nein, ich arbeite nicht hier. Mein Taxi ist kaputt und ich bin Taxifahrerin.“ Und hier ist Dein Schild. „Schriftlich abgefasst wurde da bisher auch nichts, es war nämlich eher sowas wie ein spontaner Entschluss meines Taxis, seit zwei Stunden nicht mehr so richtig fahren zu wollen.“

P1 empört: „Nee, das geht alles nicht. Man hat mir NICHTS gesagt! Ich weiß hier von nichts und ich nehme ganz bestimmt keinen Schlüssel an.“

Ich: „Brauchen Sie auch gar nicht, den nehme ich nämlich mit.“

P1: „Ha, das geht gleich gar nicht. Da könnte ja jeder kommen und sein Auto hier abstellen.“

Ja, man stelle sich nur vor, JEDER käme zum Daimlerwerk gefahren, um sein Auto verschlossen auf dem Parkplatz gegenüber der Pkw-Instandsetzung zurückzulassen. Das hätte nämlich den absolut brillianten Sinn, dass … ähm, ja. Was hätte das wohl für einen Sinn?! Siehste wohl.

P1 weiter: „Außerdem geht das sowieso nicht, denn ich weiß ja nicht mal, ob das hier überhaupt ein Werkswagen ist. Sie haben gar keinen Aufkleber in der Frontscheibe.“

Richtig, laut Chef gibt es diese für Versuchswagen auch schon seit vielen Monaten nicht mehr. Aber schön zu sehen, wie hervorragend die Verständigung innerhalb eines Unternehmens doch funktioniert. Nicht.

P1: „Ich glaube Ihnen das zwar, aber als Außenstehender (okay, das Nettogehalt reicht scheinbar nicht aus, um sich entsprechend mit seinem Arbeitgeber zu identizifieren) kann ich nicht erkennen, dass das Fahrzeug von uns ist.“

Äh, ja.

1. Indiz: Es ist ein Mercedes. Aber da lasse ich Zweifel ja noch gelten.

2. Indiz: Im Fahrzeugschein steht „Daimler AG“.

Als ich diesen gerade vorzeigen wollte, meinte P1 jedoch abwehrend:

„Nein, damit kann ich nichts anfangen.“

3. Indiz: Kfz-Kennzeichen „PT“ für Praxistest.

Er war noch immer nicht überzeugt.

P1 leicht verzweifelt: „Wollen Sie nicht vielleicht einen Reparaturauftrag ausfüllen?“

Wollte ich nicht.

„Jetzt noch mal, damit ich das auch richtig verstehe: Sie wollen nur das Auto abstellen und sind aber eigentlich Sekretärin hier im Haus?“

Ahhhhhh!

Ich: „Wissen Sie was, dann parke ich jetzt der Einfachheit halber auf der Straße und mein Chef klärt das am Montag alles selbst.“

P1: „Ja, Moment. Wenn das wirklich ein Werkswagen ist, ist es natürlich auch nicht im Sinne der Daimler AG, wenn das Auto jetzt irgendwo auf der Straße steht.“

Da konnte ich mir das Lachen dann doch nicht mehr verkneifen.

Viele Minuten später, P1 und P2 haben sich unterdessen beratschlagt, eilte P2 dann euphorisch zurück zur mir und verkündete:

„Ich glaube, ich habe eine Lösung gefunden: Ich fahre jetzt vor Ihnen her, wir stellen das Taxi auf dem Parkplatz der Pkw-Instandsetzung ab und dann nehmen Sie den Schlüssel einfach mit.“

NEIN! Welch grandiose Idee! Man lese bitte meinen ursprünglichen Vorschlag zur Abwicklung des Ganzen.

Nachdem wir diese Hürde genommen hatten, stand ich nun nur noch vor der Problematik, wie ich vom Daimlerwerk zum Europaplatz komme, wo mein Auto steht.

Wieder blieben nicht viele Möglichkeiten: 

1. Zur S-Bahn-Station laufen, S-Bahn fahren, U-Bahn fahren, Bus fahren. Und bei alldem natürlich keinen Plan vom ÖPNV haben. 

Hab mich für 2. entschieden, denn Stuttgart ist dekadent:

2. Stuttgart fährt Taxi! Und so hab ich mein heutiges Einkommen direkt wieder selbstloserweise ins Taxigewerbe investiert.

Mein Taxifahrer erzählte mir übrigens, dass mein Taxi bis *Freitag aus dem Grund in der Werkstatt war, weil – wie man sich am Flughafen erzählt – eine Kollegin für meinen Kollegen in der Warteschlange aufrücken wollte, dabei nicht bemerkte, dass es sich hierbei ausnahmsweise NICHT um ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe handelte und dem Vordermann mit einem Satz in den Kofferraum hüpfte. 😀

Ich gebe zu: Sehr zu meiner Schadenfreude, denn spätestens jetzt bin ich wohl nicht länger die Nummer 1 der unwürdigsten Taxifahrerinnen, die – ebenfalls am Flughafen – für einen Kollegen aufrücken wollte und die verdammte Handbremse partout nicht gefunden hat. Doofes No-name-Auto mit versteckter Handbremse unter der Mittelarmlehne (und ich meine nicht die „normale“ Handbremse an dieser Stelle, sondern ein komplett unauffälliges viereckiges Rahmenteil zum Hochziehen!), pah. Ich kenne mich nur mit deutscher Wertarbeit aus. 😉

Tja, und wie geht’s jetzt weiter? Ich darf morgen mal ausschlafen, werde noch dazu entschädigt in einer Höhe, die meine voraussichtliche Umsatzbeteiligung an einem Sonntag wesentlich übersteigt, und stürze mich nun mit einer Freundin ins Stuttgarter Nachtleben.