Gestern habe ich mich nach langer Abstinenz mal wieder mit einem Kollegen angelegt. Zumindest hat er es so empfunden. Das Ganze passierte ausgerechnet an meinem Lieblingsplatz und noch dazu betraf es einen Kollegen, der da auch immer steht, mit dem ich aber noch nie gesprochen habe – und der jetzt wohl auch nie wieder mit mir sprechen will (zukünftige Schimpftiraden ausgenommen).
Wir standen um die Mittagszeit zu zweit in Sillenbuch, er vor mir, ich dahinter in mein Buch vertieft. Irgendwann blicke ich auf und sehe einen potenziellen Fahrgast an seiner Beifahrerseite stehen und klopfen. Als ich das nächste Mal aufblicke, steht besagter Fahrgast irritiert neben meinem Taxi und steigt ein.
„Ist der Kollege nicht da?“
frage ich.
„Doch, aber der schläft tief und fest. Hab schon geklopft. Kann ich auch mit Ihnen fahren?“
„Können Sie natürlich, aber er wartet ja schon länger. Ich mach ihn kurz wach“,
sage ich und hupe zweimal. Keine Reaktion.
„Wenn Sie kurz warten wollen, ich gehe vor und wecke ihn auf.“
„Ehrlich gesagt hab ich’s sehr eilig und keine Zeit für dieses Hin und Her, ich fahre jetzt mit Ihnen.“
Bis hierhin nichts falsch gemacht, denke ich. Dass man beim Warten kurz einnickt, kommt immer mal vor, aber spätestens durch die Hupe des Hintermanns sollte man dann wieder aufwachen.
Noch dazu dürfte der Fahrgast selbst dann mit mir fahren, wäre der Kollege wach gewesen; die freie Fahrzeugwahl (um die es hier ja nur indirekt geht), nehmen einem manche Kollegen leider persönlich übel, obwohl ich jedes Mal darauf hinweise, dass ich noch nicht Erster bin. Insbesondere nachts ernte ich oft bitterböse Blicke, wenn jemand („Oh, eine Frau – oder auch damals: Oh, die neue E-Klasse 😉 -, ich will lieber mit Ihnen fahren!“) bei mir einsteigt.
Unterwegs bekomme ich dann direkt eine pikierte Funk-SMS aufs Display:
DU BIST EIN DIEB.
Ganz großes Ballett. Selber die Kundschaft verschlafen und andere dafür verantwortlich machen. Die Taxifahrer sind schon ein eigenes Völkchen, das wirst Du auch noch merken, wurde ich an meinem ersten Tag gewarnt. In Momenten wie diesen fällt mir das dann wieder ein.
Ging übrigens nach Esslingen und zurück. Falls er mich noch mal darauf anspricht, hält ihn der doppelte Ärger das nächste Mal vielleicht wach.