Oh, can we? Was Taxifahren betrifft, wäre ich mir da mal nicht so sicher.
Monatelang hat man seine Ruhe und dann… okay, mieser Anfang. Neuer Versuch: Ich hab nichts gegen unsere Amis, wirklich nicht. Schon besser.
Stuttgarts drei Kasernen sind, was wohl in der Natur der Sache liegt, alle äußerst dezentral gelegen und deshalb jedes Mal eine schöne Fahrt. Trinkgeld gibt es zwar praktisch nie – hab noch nicht eruiert, ob das an meiner Wenigkeit liegt oder vielmehr an der amerikanischen Mentalität (aber heißt es in Kinofilmen nicht immer „keep it“?) -, doch neben den vielen Studenten und Intellektuellen, die alle rund um den Hölderlin- oder Rosenbergplatz im Stuttgarter Westen leben und deren Heimfahrt aus der Innenstadt generell nicht mehr als 6,50 € kostet, sind die Militärs eine gern chauffierte Abwechslung.
Sofern man nicht gerade Fahrgäste im Taxi hat, die sich wie die Axt im Walde aufführen. Weder will ich eine ganze Nation in Misskredit bringen, noch die Deutschen über den grünen Klee loben, aber Letztere haben in einem Taxi (meistens) immer noch Respekt vor fremdem Eigentum und wertschätzen außerdem (meistens) den dazugehörigen Dienstleister als gleichwertiges Mitglied der temporären Zweckfahrgemeinschaft. Und so sollte es doch eigentlich auch sein. Als Taxifahrer bei den Amis hingegen ist man sofort unten durch, so zumindest mein Eindruck, wobei ich mich jederzeit gerne eines Besseren belehren lasse.
Meine bisherige Erfahrung lässt sich wie folgt zusammenfassen: Wenn man nicht komplett ignoriert wird, wird man blöd angemacht oder herumkommandiert. Und wenn man derart unangenehme Fahrgäste endlich abgesetzt hat, darf man auch noch Kaugummi von der Scheibe kratzen, halbvolle Bierflaschen aus dem Fußraum und Fastfoodreste vom Rücksitz entfernen. Da kommt Freude auf.
Zu allem Überfluss stellt man dann noch fest, dass die Münzen, die man in die Hand gedrückt bekommen hat, nicht annähernd dem Fahrpreis gerecht werden und während man sich über seine verdammte Gutgläubigkeit („Wird schon stimmen, verschwindet endlich!“) aufregt, findet man bei oben erwähnter Putzaktion einen 20-€-Schein. Immerhin, das Böse darf nicht siegen. 😀
Aber eigentlich wollte ich von ein paar ganz unterhaltsamen multilingualen Szenen berichten:
Zwei Amis steigen am Taxiplatz Theodor-Heuss ein und wollen zu den Kelley Barracks nach Plieningen. Ich betreibe, geheuchelt interessiert wie ich bin (Spaß!), ein Bisschen Smalltalk und frage, ob sie einen schönen Abend hatten. Hätte ich mal besser meine Klappe gehalten.
Als Antwort kam prompt:
„No, we had the most horrible night ever. Germans hate us. Germany sucks. Stuttgart sucks. I will tell everyone I know, Stuttgart hates Americans.“
Ich voller Inbrunst:
„Oh, äh, no, that’s not true! I looove Americans!“ 😀
Widerspruch zwecklos.
Ami: „Yeah, but I will tell everyone, Stuttgart sucks. Germany hates America. We should get you down.“
Tja, und so hat Amerika Deutschland den Krieg erklärt. Schade. Und alles nur, weil die beiden nicht in einen angesagten Club kamen.
Ich meine: Zwei ältere Männer ohne weibliche Begleitung, angetrunken, im Casual-Style mit Shirt und uralten Sneakers – wie kann das sein…?!
Er meinte die Antwort zu kennen:
„Because we are Americans and for some reason Germans HATE us.“
Mist, er hat uns durchschaut.
Nächste Fahrt:
Typ steigt ein:
„Mässahotel“.
Ich denke: ??? … Ah, Messehotel. Nur welches?
Er hat ein paar nonexistente Straßennamen vor sich hingemurmelt bis ihm dann einfiel:
„Mercure!“
Na dann, klare Sache. Ist ja nicht so, dass das ’ne Kette wäre oder so. Eine Karte des Hotels hatte er auch nicht und rund um die Messe gibt es dann doch noch das ein oder andere Mercure. Die Zentrale konnte auch nicht weiterhelfen und als ich mich erstmals im Dilemma „schon losgefahren, aber kein konkretes Ziel gewusst“ sah, machte er aus seinem Bartgebrummel im breitesten Amerikanisch ein
„Swärtstrase“.
Als frühere Wahlböblingerin klingelte es da bei mir. Er meinte das Mercure in Sindelfingen.
Und mit „Messe“ nicht die Stuttgarter, sondern die „Kleine Messe Sindelfingen“. Das hätte ich aber auch mal ahnen könnnen, nicht wahr? Scherzkeks.
Aber zum Abschluss mein persönliches Highlight in Sachen Völkerverständigungsproblematik, jedoch vorab zwei Hinweise:
-
Nahezu alle Taxifahrer sprechen (oder verstehen) Englisch. Vielleicht nicht perfekt genug, um sich über die neuesten Erkenntnisse in Luft- und Raumfahrttechnik auszutauschen, aber doch zumindest ausreichend gut, um die üblichen Fahrziele identifizieren und problemlos anfahren zu können.
- This being said: Deutsche Begriffe einfach amerikanisch auszusprechen ist NICHT hilfreich.
Ein junges Paar steigt ein. Sie wirft mir ein
„Pänsörkäsörny!“
zu und steckt ihrem Begleiter die Zunge in den Hals.
Ich denke: Äh, Moment, wohin?! Ratter, ratter… Du kannst doch jetzt nicht dazwischenquatschen, das wäre hochgradig ent-erotisierend. Penserwas? Denk‘ nach. Ist das eine Straße? Ein Club? Eine Stadt?
Ich starte die Uhr und rolle vor lauter Hilflosigkeit schon mal los (Notiz an mich selbst: Das wird irgendwann noch mal ins Auge gehen).
Ich flüsternd, um die Stimmung zu erhalten:
„Sorry, where do you wanna go?“
Sie verständnislos:
„Pänsörkäsörny. Pänsörkäsörny. P-ÄÄÄ-N-S-Ö-R-K-Ä-S-ÖÖÖ-R-N-Y!“
Kleine Zwischenfrage an die Stuttgarter: Wisst ihr’s schon?
Ich denke: „Oh Gott, was ist das? Sollte ich das kennen? Ich sollte wohl, wenn sie schon so vorwurfsvoll guckt. Oh nein, ich bin der schlechteste Taxifahrer der Welt!“
Ich sage: „?!?“
Als sie gerade entnervt aussteigen wollen, starte ich meinen letzten Versuch:
„Wait, explain. Talk to me in English!“
Sie: „Uhm… Barracks?“
Der Groschen fiel. Und so fuhr ich nach Böblingen – zur Panzerkaserne. Warum einfach, wenn’s auch umständlich geht?
Nach diesem nervenaufreibenden Beitrag zur Globalisierung liegen mit Blick auf meine persönliche Statistik und einer Portion Glück nun auch hoffentlich wieder ein paar Schichten ohne diese ganz besonderen Fahrgäste vor mir. Aber wie dem auch sei, ans Ziel sind sie alle gekommen. In diesem Sinne: This makes me so easily nobody after!