Geduldsprobe

Wenn ich mir dabei nicht so spießbürgerlich vorkommen würde, den nachts chronisch zugeparkten Taxiplatz auf der Theodor-Heuss-Straße zu fotografieren und ans Amt für öffentliche Ordnung zu schicken, hätte ich das gestern wohl gemacht. Inzwischen quetschen sich die Sünder nämlich nicht mehr nur schambehaftet an den äußersten Rand, sondern man stellt sich neuerdings selbstbewusst nahezu mittig auf die gut sichtbare TAXI-Markierung.

Noch mehr als über die Falschparker habe ich mich allerdings über einen Kollegen geägert, der innerhalb einer Viertelstunde dreimal ohne Murren bereitwillig in einer Tour rangierte, um den Ein- und Ausparkenden Platz zu machen. Mit mir hat man’s da bekanntermaßen nicht so leicht.

Als der Kollege hinter mir also wieder einmal zurücksetzte, nachdem er vom Ausparker charmanterweise wortlos angehupt wurde, mache ich einfach mal das, was ich am besten kann: nichts. Die Hupe habe ich so lange überhört, bis dazu übergegangen wurde, vor- und zurückzurollen und dabei ordentlich Gas zu geben, was wohl wiederum als Aufforderung gedacht war, doch endlich mal Platz zu machen. Neandertaler… Leider musste ich aufrücken und so konnte dieses Herzchen dann doch unerfreulich zeitnah entkommen.

Kurze Zeit später stehe ich wieder allein am Platz und blockiere eine Parklücke, die keine ist, als sich der Nächste vor mich stellt, zurücksetzt, dicht auffährt und hupt. Aussteigen und kommunizieren wollte er aber auch nicht, also fährt er rückwärts – nicht ohne mir dabei einen bösen Blick zuzuwerfen – an mir vorbei und versucht, sich vorwärts in die Lücke zu schieben.

Vor lauter Dummdreistigkeit übersieht er dabei den Motorradcop bei seiner Zigarettenpause Verkehrsüberwachung, der die ganze Sache beobachtet hat. Schließlich rollt dieser gelangweilt vor, macht eine lakonische Verzieh-Dich-Handbewegung, rollt wieder zurück und raucht ebenso gelangweilt weiter. An Coolness kaum zu überbieten. Mein Held der Nacht. 😉

Später schleicht sich noch jemand zerknirscht in sein falschparkendes Auto, startet den Motor, blinkt und wartet geduldig. Also ehrlich, einmal kurz nett an mein Fenster geklopft und sowas gesagt wie:

„Sorry, ich weiß, dass ich falsch stehe, könntest Du mich mal kurz rauslassen?“

und alles wäre kein Problem. Aber das war mir dann wieder zu blöd, also hab ich gewartet. Und er auch. Nach knapp acht Minuten, die er brav blinkend neben mir stand, bekam ich einen Fahrgast und musste das Feld räumen.

Wer weiß, wie lange er noch gewartet hätte. Aber ich werde die nächsten Nächte bestimmt noch die eine oder andere Gelegenheit haben, meine Fallstudie zu substanziieren. 😀

Nachtrag: Dass man das auch Nötigung nennt, ist mir zwar bewusst, aber hey, wo kein Richter, da kein Henker. Und ich muss sagen, meine Toleranzgrenze sinkt leider dramatisch mit jedem dieser überschaubar Intelligenten. Nachvollziehbarerweise, hoffe ich.

11 Responses to Geduldsprobe

  1. Sibylle Luise sagt:

    Ich glaube, ich bin spießig. Es ist zwar 20 Jahre her, seit ich in Stuttgart Taxi gefahren bin, aber wenn jemand auf dem Platz parkt, neige ich heute noch dazu, richtig giftig zu werden. Fotografiert habe ich noch niemanden, aber das lag einfach daran, dass ich noch nie daran gedacht habe.
    Ich hab‘ kein Problem damit, wenn jemand mal anhält, um jemand aussteigen zu lassen oder einen Brief in den Kasten zu werfen. Aber parken geht gar nicht. Und ich verstehe auch nicht, warum man in der Innenstadt auf einen Taxiplatz muss. Wissen die alle nicht, wo’s nächste Parkhaus ist oder sind die zu doof, in einem zu manövrieren?

    • Mia sagt:

      Ich glaube, die wollen einfach nicht akzeptieren, dass die Parkplätze, die es dort früher mal gab, in einen Taxiplatz umgewandelt wurden. Es ist auch nicht so, dass man das nicht erkennen könnte, tagsüber bleibt der Platz nämlich immer frei. Das Publikum nachts ist einfach nur ein bisschen dreister als der Normalbürger.

      Ich wäre ja für eine Abschleppaktion zwei, drei Wochenenden in Folge, dann wäre Ruhe. Oder wenigstens mal Strafzettel (das hab ich bisher auch nur einmal gesehen…). Ich frage mich echt, warum das von der Zentrale und der Stadt geduldet wird. Wahrscheinlich auch nur so lange, bis ein Fahrradfahrer auf die Straße ausweichen muss, wo er von einer Prollkarre umgenietet wird, weil wir halb auf dem Radweg stehen.

      Gegen Halter habe ich natürlich auch nichts, aber Parker sind nur noch anstrengend. Vor allem diese Sorte…

      • Wolfram sagt:

        Die Stadt tut da nichts – die müßten einen Ordnungsamtsmitarbeiter zum Nachtdienst verpflichten, und das kostet…
        und die Polizei sieht sich für ruhenden Verkehr nicht zuständig.
        Dilemma.

  2. genomu sagt:

    Oh ja, über dieses Thema könnte ich auch einen Roman schreiben.
    Wegen Bauarbeiten wurde hierzuorts der Taxistand verlegt. Ich fragte die Dame von der Stadt, die die Unternehmen über den Wechsel des Standplatzes informierte, was die Stadt denn gegen Falschparker zu unternehmen gedenke. Seit einiger Zeit gibt es nämlich keinen Strafzettelverteiler vom Dienst mehr…
    Sie sagte: „Die Leute sehen doch das Halteverbotsschild.“
    Jaja, ich denk mir meinen Teil.

    Etwa drei Wochen später wies ich einen Mann darauf hin, dass er auf einem Taxistand und im Halteverbot steht.
    „Ja wo steht denn das?“
    Das Schild ist direkt vor Ihrem Auto!
    „Das stand aber vorhin noch nicht hier! Das haben die eben erst aufgestellt!!“

    Den Kandidat für die Merkbefreiung in Platin habe ich erst letzte Woche getroffen.
    Erster Akt
    (Auf dem Stand parken die Autos parallel zueinander und schräg zur Fahrbahn)
    Drei PKW hatten den Taxistand so zugeparkt, dass ich mit ~10 cm Platz rechts und links einparken konnte.
    Aus einen Wagen hörte ich ein „Öh!!“
    Ich öffnete das Fenster und sagte: sehr höflich:
    Ja?
    „Ich komme hier nicht raus!“
    Naja, warum parken Sie auch auf dem Taxistand?
    „Öh..?“
    Das Schild steht vor Ihrer Motorhaube! (Stand wirklich da)
    „Hm, ich muss ja jetzt nicht raus.“

    Zweiter Akt
    Die Frau des Wartenden stieg auf der Beifahrerseite ein, er ließ den Motor an. Ich wartete, ob er was sagt – nein, er „kommt“ auch so „raus“.
    Er hat das Fenster heruntergedreht und meckert irgendwas. Ich öffne meins noch einmal und sage:
    Bitte?
    „Sie dürfen mich nicht so zuparken dass ich nicht aussteigen kann!“
    Das ist mein Arbeitsplatz, Sie standen auf dem Taxist…
    „DAS HAT DAMIT DOCH GAR NICHTS ZU TUN! *laberlaber*“

    Danke, dass ich mich ausk***en darf…
    *seufz*

  3. Fastdäne sagt:

    Hallo,
    schön wieder was von Dir zu lesen!
    Ich meine, dass eine Nötigung nicht vorliegt, wenn du nicht auf Hupen oder ähnliches reagierst. Wenn jemand freundlich klopft und um Auslass bittet, würdest du doch wegfahren oder?
    Mir ist es übrigens passiert, dass ich während meiner Zivizeit mit dem Dienstwagen der Zivistelle auf einem Taxistand geparkt habe und ein Ticket bekam. Der Sherriff war noch in Sichtweite und hat sich totgelacht, als er sah, wen er da erwischt hatte. Er wusste genau, dass ich am Wochenende wieder nachts dort legal auf Kunden warten würde.
    Alles Entschuldigen und Erklären, dass ich eben die Dienstwagen verwechselt hätte half nix. Hatte ich dann ja wohl auch verdient, auch wenn die Halte eben überwiegend nachts attraktiv war.
    Gruß Frank

  4. Jerowski sagt:

    Dazu ein kleines Gegenbeispiel, dass ich bei dem Thema gern anführe (und ja, ich bin ebenfalls der Meinung, dass das Parken auf einem nicht vollständig verwaisten Taxihalteplatz definitiv nicht angebracht ist): Ich habe in meiner FSJ Zeit mal mit dem Behndertentransportwagen (guter alter T4 mit Rampe =) ) am Rand der Fußgängerzone so geparkt (bzw. parken müssen) das eines der Hinterräder noch in den Taxistand hineinragte. Als ich nach gut 15 Minuten mit Rollstuhl samt Inhalt zurückkam, brauchte ich ein wenig Platz um Einladen zu können und sprach den betreffenden Fahrer – freundlich – an. Der wollte auch wohl gerne fix zurücksetzen, wurde aber minutenlang von einem schreienden, fluchenden und meckernden Kollegen daran gehindert. Wirklich ein trauriges Bild, das mir seitdem leider immernoch wieder einfällt, wenn ich – als seltener Nutzer – an Taxis denke…

  5. MsTaxi sagt:

    @Jerowski

    Auch auf einem vollständig verwaisten Halteplatz finde ich Privat-PKWs vollkommen die mentale Panne. Steht nämlich einer da, stellt sich der nächste Vollhorst daneben und schwupps isses passiert, kein Platz mehr für die Taxis.

    Ich bin, seitdem ich im Besitz eines Tablets bin, dazu übergegangen, eine fiese Funktion des Hessischen Polizei zu nutzen: die Polizeiwache online. Bild machen vom Platzbesetzer, online Anzeige erstatten und Bild hochladen, da freut sich mein hellelfenbeinfarbenes Herz jedes Ma.l *betontfiesgrinst*

    • Mia sagt:

      Kommt da auch was bei rum oder erfährt man nichts mehr? Das wäre ja DIE Idee – eigens dafür würde ich mir sogar ein Tablet anschaffen. 😀 Geht das auch mit Smartphone? (Das ich allerdings auch nicht habe, hmpf.)

      • MsTaxi sagt:

        Hi Mia,

        das muesste auch mit einem Smartphone gehen (diesen Kommentar schreibe ich auf dem Tab, merkt man an den fehlenden Umlauten). Ausserdem groesseres Display bei derselben Funktionalitaet. Ich find es gerade fuer unseren Beruf obergenial, aber das ist eher offtopic.

        Nee, hoeren tut man von so einer Anzeige wohl nur dann noch, wenn der merkbefreite Dussel auch noch Widerspruch einlegen wuerde.

    • Jerowski sagt:

      Ist richtig, ich konnte mir die Einschränkung nur nicht verkneifen weils hier mal ein aufgegebenes, sogenanntes „Eventcenter“ – mitten in der Pampa auf dem „platten Land“ – mit Taxihalteplatz davor gab. Da tritt finde ich schon der gesunde Menschenverstan in Kraft. Ich meinte verwaist also nicht nur im Sinne von „Taxifrei“ (das würde ja nichts bedeuten), sondern auch sonst Menschenfrei. Das es so etwas „in der Stadt“ quasi per Definition nicht gibt, mag ich gerne eingestehen.

      Polizeiwache online find ich ne gute Idee, muss ich glatt mal schauen, obs sowas hier auch gibt.

  6. MsTaxi sagt:

    Lt. Tante Kuckel heisst das schwaebische Pendant „Internetwache“.

Hinterlasse einen Kommentar